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Gerd Kommer und Alexander Weis Die wichtigsten Strategien beim Factor Investing

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Die bekanntesten und in der wissenschaftlichen Literatur unseres Erachtens am besten etablierten Prämien listen wir nachfolgend auf:

  • Small Size: Kleine Aktiengesellschaften („Small Caps“) haben tendenziell höhere Renditen als große („Large Caps“).
  • Value: Günstig bewertete Unternehmen („Substanzwertaktien“) – gemessen an betriebswirtschaftlichen Größen wie dem Kurs-Gewinn-Verhältnis – haben tendenziell höhere Renditen als hoch bewertete („Growth-Aktien“").
  • Quality bzw. Profitability: Unternehmen hoher „Qualität“ – gemessen an Profitabilitätskennzahlen wie dem Kurs-Buchwert-Verhältnis oder Verschuldungskennzahlen – haben tendenziell höhere Renditen als Unternehmen geringer Qualität.
  • Momentum: Unternehmen, die kürzlich eine relativ hohe Rendite hatten, haben für begrenzte Zeit tendenziell höhere Renditen und umgekehrt.
  • Political Risk: Aktien, die hohem politischen Risiko ausgesetzt sind (primär sind das Schwellenländeraktien), haben tendenziell höhere Renditen als Aktien, für die das weniger der Fall ist.

In der folgenden Tabelle wird die historische Überrendite von Faktor-Indizes gegenüber der jeweiligen marktneutralen Benchmark dargestellt. Diese Version der Quantifizierung von Faktorprämien ist besonders konservativ und nennt sich „Long-only-Faktorprämien“. Was es damit auf sich hat, erläutern wir weiter unten.

Übersicht der Größenordnungen mehrerer Faktorprämien von 1975 bis 2018 (44 Jahre) und Teilzeiträume in diesen 44 Jahren für den Weltaktienmarkt („Long-only-Prämien“)

Quelle: MSCI, Dimensional Fund Advisors, Deutsche Bundesbank. Es werden jeweils die längsten verfügbaren Weltaktienmarkt-Datenreihen gezeigt (für einzelne Länder existieren längere Datenreihen). ► Bei den Faktorprämien handelt es sich um "Long-only-Faktorprämien" (siehe Erläuterung weiter unten) auf Basis arithmetischer Durchschnitte. ► Alle Daten vor Kosten und Steuern. ► Historische Renditen bieten keine Gewähr dafür, dass sie sich in der Zukunft in ähnlicher Größenordnung wiederholen. ► Wissenschaftlichen Studien zu historischen Faktorprämien kommen bzgl. deren Höhe zu jeweils leicht abweichenden Ergebnissen, je nach Land oder Region, Zeitabschnitt und spezieller Forschungsmethodik.

Dem aufmerksamen Leser springt sofort ins Auge, dass viele Faktorprämien nicht in jeder einzelnen Periode positiv waren. Es ist also gut möglich, ja sogar wahrscheinlich und notwendig, dass eine gegebene Faktorprämie über mehrere Jahre oder über Jahrzehnte hinweg negativ ist, da es sich bei Faktorprämien um statistisch erwartete Prämien handelt. Erwartet heißt in diesem Zusammenhang, dass zwar über einen hinreichend langen Zeitraum von einer positiven Prämie auszugehen ist, sie aber kurz- und mittelfristig stark schwankt. Würde die Prämie nicht kurz- und mittelfristig unprognostizierbar stark schwanken, so wäre sie schon längst „wegarbitriert“, sprich verschwunden, denn bei hoher Stetigkeit würde ja jeder nur diese Aktien kaufen. Die Prämien müssen daher kurz- und mittelfristig mithin unzuverlässig sein.

Die folgende Abbildung illustriert dieses Schwankungspotenzial grafisch. In der Grafik werden die jährlichen Realisationen der fünf oben genannten Faktorprämien im Zeitraum von 1995 bis 2018 dargestellt. Die vertikale Achse entspricht der prozentualen Höhe der Prämien in einem gegebenen Jahr, während die horizontale Achse den Zeitablauf darstellt.