Jakob Augstein im Interview
„Ich glaube an Aktien“
Aktualisiert am 27.09.2022 - 15:01 Uhr
Verleger Jakob Augstein: „Solange wir den Kapitalismus haben, sollten wir ihn nutzen.“ Foto: Franziska Sinn
Journalist und Verleger Jakob Augstein spricht im Interview mit dem Deutschen Derivate Verband über die politischen Verhältnisse in Deutschland und seine Einstellung zur Altersvorsorge.
Herr Augstein, wie würden Sie den Zustand der Großen Koalition aktuell beschreiben?
Jakob Augstein: Diese Koalition hat sich überlebt. In einer Zeit, in der Gestaltung nötig wäre, gibt es nur Verwaltung – und zwar schlechte. Angela Merkel hat den rechtzeitigen Abschied verpasst, und die SPD ist der lebende Tote der deutschen Politik.
Wie lange geben Sie der großen Koalition noch und was kommt danach?
Augstein: Die GroKo-Parteien haben solche Angst vor dem Wähler, dass sie bis zum letzten Atemzug an der Macht festhalten werden. Danach sollte GRR kommen, eine linksliberale Regierung unter grüner Führung.
Lässt...
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Herr Augstein, wie würden Sie den Zustand der Großen Koalition aktuell beschreiben?
Jakob Augstein: Diese Koalition hat sich überlebt. In einer Zeit, in der Gestaltung nötig wäre, gibt es nur Verwaltung – und zwar schlechte. Angela Merkel hat den rechtzeitigen Abschied verpasst, und die SPD ist der lebende Tote der deutschen Politik.
Wie lange geben Sie der großen Koalition noch und was kommt danach?
Augstein: Die GroKo-Parteien haben solche Angst vor dem Wähler, dass sie bis zum letzten Atemzug an der Macht festhalten werden. Danach sollte GRR kommen, eine linksliberale Regierung unter grüner Führung.
Lässt sich angesichts der niedrigen Zustimmung ohne klare eigene Mehrheiten überhaupt noch von Volksparteien sprechen?
Augstein: Die CDU ist die letzte echte Volkspartei, die Grünen sehen so aus, als stiegen sie in diesen Rang auf – man muss sehen, ob sie sich da halten werden.
Die SPD steht gegenwärtig hartnäckig unterhalb der 20-Prozent-Marke. Hat die Partei in den zurückliegenden Jahren wesentliche gesellschaftspolitische Anliegen zu sehr vernachlässigt?
Augstein: Die Geschichte der SPD ist eine Geschichte der mutwilligen Selbstzerstörung. Die Partei konnte nicht erklären, was Sozialdemokratie heute bedeutet – sie wollte eine CDU-light sein, aber die braucht in der Ära Merkel kein Mensch.
Was halten Sie von rot-rot-grünen-Bündnissen auf Länderebene?
Augstein: Wie gesagt: das sollte die Koalition der Zukunft sein.
Sind die Grünen personell und inhaltlich schon so gut aufgestellt, um ihren Führungsanspruch zu untermauern?
Augstein: Die Grünen repräsentieren heute einen großen Teil der kulturellen und ökonomischen Gewinner der Entwicklungen der vergangenen 20 Jahre, das ist eine gute Basis für weiteren Erfolg. Wie die Partei mit ihren inneren Widersprüchen umgehen wird, muss sich zeigen.
Wie sollte eine demokratische Gesellschaft mit der Erstarkung des rechten Randes umgehen?
Augstein: Offensiv. Leugnen und weggucken geht nicht. Die Rechten sind so erfolgreich, weil sie echte politische Themen addressieren. Der Aufstieg der AfD ist das dunkle Spiegelbild des Aufstiegs der Grünen.
Wird sich die AfD langfristig im deutschen Parteienspektrum etablieren?
Augstein: Ja.
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