Volkswirt Johannes Mayr
Was Geldpolitiker überhaupt noch leisten können
Johannes Mayr ist Chefvolkswirt bei Eyb & Wallwitz. Foto: Eyb & Wallwitz
Die Inflation steigt und damit auch der Druck auf Notenbanker, Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Ihr unmittelbarer Einfluss auf die Teuerungsrate wird allerdings überschätzt. Warum das so ist, erläutert Volkswirt Johannes Mayr von der Investmentgesellschaft Eyb & Wallwitz.
Mit den Forderungen nach einem rascheren Ausstieg sollte deshalb nicht die Erwartung geschürt werden, dass die Geldpolitik den Preisauftrieb ohne große Kollateralschäden dämpfen kann. Die Glaubwürdigkeit der Notenbanken steht sonst noch stärker im Risiko. Um die gesamtwirtschaftliche Nachfrage tatsächlich auch kurzfristig in Einklang mit dem begrenzten Angebot zu bringen und so die Inflation deutlich zu senken, müssten die Notenbanken eine Rezession provozieren, die am Arbeitsmarkt, den Staatsfinanzen und am Kapitalmarkt tiefe Spuren hinterlassen würde.
Was die Notenbanken allerdings leisten können und sollten, ist den monetären Treibstoff für eine Verstetigung des Inflationstrends zurückzunehmen....
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Mit den Forderungen nach einem rascheren Ausstieg sollte deshalb nicht die Erwartung geschürt werden, dass die Geldpolitik den Preisauftrieb ohne große Kollateralschäden dämpfen kann. Die Glaubwürdigkeit der Notenbanken steht sonst noch stärker im Risiko. Um die gesamtwirtschaftliche Nachfrage tatsächlich auch kurzfristig in Einklang mit dem begrenzten Angebot zu bringen und so die Inflation deutlich zu senken, müssten die Notenbanken eine Rezession provozieren, die am Arbeitsmarkt, den Staatsfinanzen und am Kapitalmarkt tiefe Spuren hinterlassen würde.
Was die Notenbanken allerdings leisten können und sollten, ist den monetären Treibstoff für eine Verstetigung des Inflationstrends zurückzunehmen. Eine solche Politik würde die Verankerung der mittelfristigen Inflationserwartungen und die Glaubwürdigkeit der Geldpolitik und damit deren Wirksamkeit in der längeren Frist sicherstellen.
Konkret heißt das für die Fed, den skizzierten Zinsanhebungspfad konsequent einzuschlagen sowie einen glaubhaften Weg und ein Ziel für den Abbau der enorm hohen Bilanz aufzuzeigen. Die Stabilisierung der Inflationserwartungen seit Jahresbeginn zeigt, dass sie hier erfolgreich sein kann. Auch die EZB sollte ihren Ausstiegspfad konkretisieren. In Europa sind die Herausforderungen und Risiken eines solchen Exits allerdings deutlich größer.
Denn das aktuell enorm niedrige Niveau der Zinsen und die anhaltende Liquiditätsflut sind weniger mit Blick auf die zyklische Entwicklung von Wirtschaft und Preisen zu erklären als mit der nach wie vor starken Fragmentierung von Kapitalmärkten und Staatsfinanzen im Euro-Raum.
Gerade deshalb sollte die Botschaft klar sein: Die EZB wird ihr Straffungstempo dann steigern, wenn sich die mittelfristigen Inflationserwartungen von Marktteilnehmern, Unternehmen und Haushalten von dem 2-Prozent-Ziel entfernen. Um in diesem Bereich handlungsbereit zu sein, sollte sich die EZB mehr Spielraum in ihrer geldpolitischen Reaktionsfunktion schaffen und mehr Flexibilität bei der Sequenz und dem Tempo möglicher Straffungsschritte einräumen.
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