Bantleon-Volkswirt Jörg Angelé
Die EZB saugt alle neuen Schulden auf
Jörg Angelé ist Volkswirt bei Bantleon. Foto: Thomas Wieland
Die EZB könnte mit ihren Anleihekäufen wie schon 2020 die gesamte Neuverschuldung der Euroländer absorbieren. Zahlreiche Analysten halten einen weiteren Renditeanstieg langlaufender Euro-Staatsanleihen daher für so gut wie unmöglich. Bantleon-Volkswirt Jörg Angelé teilt diese Einschätzung jedoch nicht.
Angesichts der teils umfangreichen Käufe von Quasi-Staatsanleihen sowie des verstärkten Kaufs von Anleihen mit sehr kurzer Restlaufzeit wird die EZB nicht zwangsläufig sämtliche in diesem Jahr neu emittierten lang laufenden Staatsanleihen der Euroländer aufkaufen.
Entsprechend halten wir an unserer Prognose eines moderaten Renditeanstiegs lang laufender Euro-Staatsanleihen fest, wobei sich der Anstieg im 2. Halbjahr etwas verstärken sollte. Dann dürften die Anleihenkäufe im Zuge der erwarteten kräftigen Konjunkturbelebung sowie weiter steigender Inflationszahlen spürbar zurückgefahren werden.
Keine Finanzierungssorgen dank EZB
2020 haben die Euroländer...
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Angesichts der teils umfangreichen Käufe von Quasi-Staatsanleihen sowie des verstärkten Kaufs von Anleihen mit sehr kurzer Restlaufzeit wird die EZB nicht zwangsläufig sämtliche in diesem Jahr neu emittierten lang laufenden Staatsanleihen der Euroländer aufkaufen.
Entsprechend halten wir an unserer Prognose eines moderaten Renditeanstiegs lang laufender Euro-Staatsanleihen fest, wobei sich der Anstieg im 2. Halbjahr etwas verstärken sollte. Dann dürften die Anleihenkäufe im Zuge der erwarteten kräftigen Konjunkturbelebung sowie weiter steigender Inflationszahlen spürbar zurückgefahren werden.
Keine Finanzierungssorgen dank EZB
2020 haben die Euroländer Staatsanleihen und Geldmarktpapiere im Volumen von netto 928 Milliarden Euro beziehungsweise 8 Prozent des Bip begeben. So viel frisches Geld haben sie sich nie zuvor binnen eines Jahres am Finanzmarkt besorgt – im bisherigen Rekordjahr 2009 erreichten die Nettoneuemissionen „lediglich“ 579 Milliarden Euro.
Im Gegensatz zu damals musste der Kapitalmarkt im zurückliegenden Jahr allerdings so gut wie nichts davon verdauen. Der Grund hierfür sind die gigantischen Anleihenkäufe der EZB bzw. genauer gesagt des Europäischen Systems der Zentralbanken (ESZB). Im Rahmen des Public Sector Purchase Programme (PSPP) und des Pandemic Emergency Purchase Programme (PEPP) wurden 2020 Käufe von Staatsanleihen und Geldmarktpapieren im Ausmass von netto rund 900 Milliarden Euro getätigt.
In diesem Jahr zeichnet sich eine ähnliche Entwicklung ab. Wir schätzen, dass sich die EZB-Nettokäufe von Staatsanleihen und Geldmarktpapieren 2021 auf ca. 1.000 Milliarden Euro belaufen werden. Diesen Käufen stehen vermutlich staatliche Nettoneuemissionen in Höhe von über 800 Milliarden Euro gegenüber.
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