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Aktualisiert am 29.01.2020 - 09:21 Uhrin VersicherungenLesedauer: 4 Minuten

Mikroversicherungen: Big Business für 40 Cent

Indonesischer Reisbauer bei der Arbeit.
Indonesischer Reisbauer bei der Arbeit.
Er gehört zu den potenziellen Kunden der
Mikroversicherer. Foto: Fotolia

Als Ida Rosidas Tochter starb, hinterließ sie nicht nur eine trauernde Mutter und ihren kleinen Sohn Taffy. Die junge Indonesierin hatte zusammen mit ihrer Mutter einen kleinen Kiosk in einem Dorf südlich von Jakarta aufgemacht. In dem ersten Getränkeladen im Ort mischten die Frauen Wasser, süße Brause und Eis zusammen und verkauften das Getränk vor allem an die Kinder des Dorfes. 3 bis 4 Euro kamen so täglich zusammen. Die rund 100 Euro für den Kühlschrank begannen sich auszuzahlen. Ein paar Wochen nach Öffnung des Kiosks dann der Tod der 23-jährigen Tochter Idas – und der Kühlschrank war noch längst nicht abbezahlt.

Doch die junge Indonesierin hatte nicht nur den Kleinkredit für den Kühlschrank besorgt, sie hatte auch eine Kreditlebensversicherung bei der Allianz abgeschlossen, für 40 Cent Prämie pro Jahr. Der Versicherer zahlte die Restschuld für den Kühlschrank und Mutter Ida weitere 100 Euro. Grafik vergrößern

Regenschirm für die Familie

Zum Glück für die Kioskbesitzerin und die eisbrause-verliebte Dorfjugend – und für den deutschen Versicherungsriesen, dem solche Geschichten die besten Verkaufsargumente liefern. Unter dem Namen „Payung Keluarga“, übersetzt: Familien-Regenschirm, verkauft die Allianz seit 2006 eine Kreditlebensversicherung an Indonesier. Zusammen mit Mini-Krankenversicherungen, Spar-Lebensversicherungen und Policen, die vor Folgen von Umweltkatastrophen wie Überflutung schützen, zählt sie zu den gängigsten Kleinstversicherungen, die AIG, Allianz, Axa, Münchener Rück und Zurich in Ländern wie Indonesien, Indien und auf dem afrikanischen Kontinent anbieten.

Die Menschen in Kleinstädten, Dörfern und auf Bauernhöfen zu erreichen ist dabei ein anspruchsvolles Geschäft. „90 Prozent unserer rund 3 Millionen Kunden in Indien wussten nicht, wie eine Versicherung funktioniert“, sagt Michael Anthony, Mikrofinanzexperte der Allianz. Auch Ida Rosida war skeptisch: „Am Anfang hatte ich schon Bedenken, ob die Versicherung auch wirklich zahlen wird, ob sie auch hält, was sie verspricht.“

Anthony erklärt: „Wir arbeiten mit Mikrofinanzinstituten, Wasser- und Elektrizitätswerken, Gemüseläden, Einzelhandel, Poststellen, Kirchen und Mobilfunkanbietern zusammen.“ 15 bis 20 Prozent Kommission gibt es für die Vermittlung einer Police. Der japanische Versicherer Iffco Tokio verkauft in Indien seine Versicherung Sankat Haran gegen Unfalltod und Invalidität auf 50-Kilo-Säcken Düngemittel: Die Kaufquittung ist Zahlungsbestätigung und der Versicherungsschein auf den Sack gedruckt.

Weniger als 2 Dollar pro Tag

Zumindest sich selbst versprechen die Versicherungen viel vom mühsamen Kleinstgeschäft. Weltweit leben rund 4 Milliarden Menschen von weniger als 2 Dollar pro Tag, allein in Indien und China sind es zirka 1,8 Milliarden Menschen. 1,5 bis 3 Milliarden Menschen weltweit, heißt es in einer Studie des Versicherers Lloyd’s, könnten sich in den kommenden Jahren versichern wollen. Heute haben zwischen 130 und 170 Millionen von ihnen eine Police.

Ein Mega-Markt mit Mini-Erträgen: Maximal 30 Euro zahlt der Versicherte laut einer Studie des Microinsurance Centre pro Jahr. Das ist viel Aufwand für wenig Prämie und eine riesige Verwaltungsarbeit. Gerade 65.500 Euro Beiträge kassierte die Allianz 2008 in Indonesien – von 230.000 Kunden. Doch das sind 350 Prozent mehr als im Vorjahr.

Bildstrecke: Mikrofinanzierung: Große Geschichten vom kleinen Kredit

„Wenn es sich bei Mikroversicherungen nur um Almosen handelte, würde das Konzept langfristig nicht funktionieren. Deshalb haben wir Mikroversicherungen als Geschäftsfeld aufgebaut“, sagt James J. Schiro, Geschäftsführer der Zurich Gruppe. Er und seine Kollegen haben einen treuen Kundenstamm im Blick. Denn überall in den Schwellenländern wächst eine neue Mittelschicht heran, die höherwertigen Versicherungsschutz braucht. Die 40-Cent-Kunden von heute sind dann die Prämienzahler von morgen.

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