Hüfners Wochenkommentar Warum Europa-Aktien dem Dow Jones davonrennen
Martin Hüfner, Chefvolkswirt von Assenagon Asset Management
Jeden Tag kurz nach halb vier passiert an den europäischen Börsen etwas Merkwürdiges. Da kommt plötzlich Bewegung in die Kursentwicklung. Wenn die Indizes nach oben tendieren, dann geht es noch etwas mehr in diese Richtung. Wenn der Markt schwächer wird, dann verringerte sich die Abwärtsbewegung. Offenbar gibt es da einen anonymen Käufer, der die Kursentwicklung maßgeblich beeinflusst.
Wir wissen natürlich nicht, wer das ist. Aber aus der Tatsache, dass er immer am späten Nachmittag auf Einkaufstour geht, kann man schließen, dass dahinter amerikanische Investoren stehen, vermutlich auch Hedge-Fonds. Nach Eröffnung der Börse in New York gehen sie auf die Suche nach Rendite. Wo sie im Augenblick fündig werden, ist vor allem Europa. Nicht zu Unrecht.
Tatsächlich waren die Börsen des Euroraums im bisherigen Verlauf des Jahres Superstars an den internationalen Finanzmärkten. Sie wiesen durch die Bank zweistellige Zuwachsraten auf. Der DAX beispielsweise stieg um 21 Prozent, der EURO STOXX 50 um 18 Prozent, der österreichische ATX um 23 Prozent. In Italien, Frankreich, Spanien und den ehemaligen Programmländern Portugal und Irland war der Zuwachs etwas geringer, aber immer noch beachtlich. Allein der griechische Athex machte eine Ausnahme. Er ermäßigte sich um 10 Prozent.
Interessant ist, dass dies alles Euromitglieder sind. An den europäischen Börsen außerhalb der Währungsunion war die Situation bei Weitem nicht so spektakulär. In Großbritannien und der Schweiz etwa ging es zwar auch nach oben. Das war aber nicht so dramatisch (plus 7 Prozent beziehungsweise 3 Prozent). Das zeigt, dass es hier in der Tat um den Appeal des Euros geht, nicht der gesamten EU.
Die Grafik zeigt, wie der DAX den amerikanischen Dow in den letzten Monaten hinter sich gelassen hat. Ich erinnere mich nicht, das in den letzten Jahren je so gesehen zu haben. Seit Mitte letzten Jahres ging der Kursindex des DAX um 22 Prozent nach oben, verglichen mit nur halb so viel beim Dow. Wenn man den Performance-Index des DAX nehmen würde, dann wäre der Unterschied noch größer (da stieg der DAX um 27 Prozent, einen solchen Index gibt es beim DOW aber nicht). An die stark boomende Börse in Shanghai (plus 30 Prozent in dieser Zeit) kamen die Europäer freilich nicht heran.
Es überrascht, dass diese Entwicklung in der internationalen Investment Community bisher nicht die großen Schlagzeilen gemacht hat. Das liegt zum Teil daran, dass die europäischen Börsen rein quantitativ nicht so ins Gewicht fallen. Hinzu kommt, dass die Wechselkursbewegung die Entwicklung abgeschwächt hat. Für amerikanische Investoren ergab sich bei Anlagen im DAX beispielsweise nur ein Plus von 9 Prozent seit Jahresbeginn. Der Rest wurde durch die Schwäche des Euros aufgefressen. Umgekehrt verdienten deutsche Investoren in den USA trotz der mageren Entwicklung an der Wallstreet wegen der Aufwertung des Dollars ein beachtliches Plus von 13 Prozent.
Die Euro-Hausse passt überhaupt nicht in das Bild der Fundamentalfaktoren. An sich hätte man erwarten müs¬sen, dass die europäischen Kapitalmärkte in diesem Jahr eher zurückbleiben. Das Wachstum ist anämisch. Griechenland macht Probleme. Frankreich und Italien tun sich schwer mit Reformen. Aus Europa fließt Kapital in den Dollarraum, was sich in der Abschwächung der Gemeinschaftswährung gegenüber dem Dollar zeigt.
Worauf beruht dann die gute Kursentwicklung im Euroraum? Die meisten verweisen auf das große Wertpapierankaufsprogramm der Europäischen Zentralbank.
Es flutet die Märkte zu einer Zeit mit Liquidität, in der die Geldpolitik in den USA einen Gang zurückschaltet. Dazu kommen aber noch andere Faktoren. Die Konjunktur im Euroraum ist zwar absolut gesehen im Vergleich zu den USA schwach. Die Dynamik der Besserung ist jedoch beachtlich und größer als in den Vereinigten Staaten. Sie kommt zudem – was für die Börsen wichtig ist – für viele überraschend.
Auch andere Faktoren helfen den Märkten. Der gesunkene Ölpreis erhöht die Kaufkraft der Verbraucher. Die niedrigen Zinsen sind gut für die Aktien. Die Abwertung des Wechselkurses stärkt zwar nicht unbedingt die europäischen Exporte. Sie wirkt sich jedoch positiv auf die Gewinne der Unternehmen aus. Griechenland hat die anderen Partner in der Währungsunion in einem Maße zusammengeschweißt, wie das schon lange nicht mehr der Fall war. Das ist ein gutes Omen für den Euro.
Für den Anleger
Rein fundamental gesehen, müsste die Hausse an den Börsen eigentlich so weiter gehen. Denn an den zentralen Faktoren, die die Entwicklung treiben, wird sich so schnell nichts ändern. Nach dem gesunden Menschenverstand sollte man jedoch vorsichtig sein. Die Entwicklung ging zu schnell. Der Markt braucht dringend eine Verschnaufpause. Der Einbruch in der vorigen Woche war überfällig. Er war aber nicht groß genug, um den Markt wirklich zu bereinigen.
Zudem: Die Konjunktur im Euroraum wird zwar weiter besser, aber nicht mehr in dem bisherigen Tempo. Ich vermute, dass sich auch die positiven Effekte von Seiten des Ölpreises und des Wechselkurses in Zukunft nicht mehr im bisherigen Maße fortsetzen.
Schließlich: Die US-Hedge-Fonds, die die Entwicklung in den letzten Monaten stark getrieben haben, werden nicht ewig am Markt bleiben. Wenn sie genug verdient haben, ziehen sie sich erfahrungsgemäß zurück. Dann wird es den Märkten schwer fallen, aus sich heraus die Kraft zu einer Aufwärtsbewegung aufzubringen.
Wir wissen natürlich nicht, wer das ist. Aber aus der Tatsache, dass er immer am späten Nachmittag auf Einkaufstour geht, kann man schließen, dass dahinter amerikanische Investoren stehen, vermutlich auch Hedge-Fonds. Nach Eröffnung der Börse in New York gehen sie auf die Suche nach Rendite. Wo sie im Augenblick fündig werden, ist vor allem Europa. Nicht zu Unrecht.
Tatsächlich waren die Börsen des Euroraums im bisherigen Verlauf des Jahres Superstars an den internationalen Finanzmärkten. Sie wiesen durch die Bank zweistellige Zuwachsraten auf. Der DAX beispielsweise stieg um 21 Prozent, der EURO STOXX 50 um 18 Prozent, der österreichische ATX um 23 Prozent. In Italien, Frankreich, Spanien und den ehemaligen Programmländern Portugal und Irland war der Zuwachs etwas geringer, aber immer noch beachtlich. Allein der griechische Athex machte eine Ausnahme. Er ermäßigte sich um 10 Prozent.
Interessant ist, dass dies alles Euromitglieder sind. An den europäischen Börsen außerhalb der Währungsunion war die Situation bei Weitem nicht so spektakulär. In Großbritannien und der Schweiz etwa ging es zwar auch nach oben. Das war aber nicht so dramatisch (plus 7 Prozent beziehungsweise 3 Prozent). Das zeigt, dass es hier in der Tat um den Appeal des Euros geht, nicht der gesamten EU.
Die Grafik zeigt, wie der DAX den amerikanischen Dow in den letzten Monaten hinter sich gelassen hat. Ich erinnere mich nicht, das in den letzten Jahren je so gesehen zu haben. Seit Mitte letzten Jahres ging der Kursindex des DAX um 22 Prozent nach oben, verglichen mit nur halb so viel beim Dow. Wenn man den Performance-Index des DAX nehmen würde, dann wäre der Unterschied noch größer (da stieg der DAX um 27 Prozent, einen solchen Index gibt es beim DOW aber nicht). An die stark boomende Börse in Shanghai (plus 30 Prozent in dieser Zeit) kamen die Europäer freilich nicht heran.
Es überrascht, dass diese Entwicklung in der internationalen Investment Community bisher nicht die großen Schlagzeilen gemacht hat. Das liegt zum Teil daran, dass die europäischen Börsen rein quantitativ nicht so ins Gewicht fallen. Hinzu kommt, dass die Wechselkursbewegung die Entwicklung abgeschwächt hat. Für amerikanische Investoren ergab sich bei Anlagen im DAX beispielsweise nur ein Plus von 9 Prozent seit Jahresbeginn. Der Rest wurde durch die Schwäche des Euros aufgefressen. Umgekehrt verdienten deutsche Investoren in den USA trotz der mageren Entwicklung an der Wallstreet wegen der Aufwertung des Dollars ein beachtliches Plus von 13 Prozent.
Die Euro-Hausse passt überhaupt nicht in das Bild der Fundamentalfaktoren. An sich hätte man erwarten müs¬sen, dass die europäischen Kapitalmärkte in diesem Jahr eher zurückbleiben. Das Wachstum ist anämisch. Griechenland macht Probleme. Frankreich und Italien tun sich schwer mit Reformen. Aus Europa fließt Kapital in den Dollarraum, was sich in der Abschwächung der Gemeinschaftswährung gegenüber dem Dollar zeigt.
Worauf beruht dann die gute Kursentwicklung im Euroraum? Die meisten verweisen auf das große Wertpapierankaufsprogramm der Europäischen Zentralbank.
Es flutet die Märkte zu einer Zeit mit Liquidität, in der die Geldpolitik in den USA einen Gang zurückschaltet. Dazu kommen aber noch andere Faktoren. Die Konjunktur im Euroraum ist zwar absolut gesehen im Vergleich zu den USA schwach. Die Dynamik der Besserung ist jedoch beachtlich und größer als in den Vereinigten Staaten. Sie kommt zudem – was für die Börsen wichtig ist – für viele überraschend.
Auch andere Faktoren helfen den Märkten. Der gesunkene Ölpreis erhöht die Kaufkraft der Verbraucher. Die niedrigen Zinsen sind gut für die Aktien. Die Abwertung des Wechselkurses stärkt zwar nicht unbedingt die europäischen Exporte. Sie wirkt sich jedoch positiv auf die Gewinne der Unternehmen aus. Griechenland hat die anderen Partner in der Währungsunion in einem Maße zusammengeschweißt, wie das schon lange nicht mehr der Fall war. Das ist ein gutes Omen für den Euro.
Für den Anleger
Rein fundamental gesehen, müsste die Hausse an den Börsen eigentlich so weiter gehen. Denn an den zentralen Faktoren, die die Entwicklung treiben, wird sich so schnell nichts ändern. Nach dem gesunden Menschenverstand sollte man jedoch vorsichtig sein. Die Entwicklung ging zu schnell. Der Markt braucht dringend eine Verschnaufpause. Der Einbruch in der vorigen Woche war überfällig. Er war aber nicht groß genug, um den Markt wirklich zu bereinigen.
Zudem: Die Konjunktur im Euroraum wird zwar weiter besser, aber nicht mehr in dem bisherigen Tempo. Ich vermute, dass sich auch die positiven Effekte von Seiten des Ölpreises und des Wechselkurses in Zukunft nicht mehr im bisherigen Maße fortsetzen.
Schließlich: Die US-Hedge-Fonds, die die Entwicklung in den letzten Monaten stark getrieben haben, werden nicht ewig am Markt bleiben. Wenn sie genug verdient haben, ziehen sie sich erfahrungsgemäß zurück. Dann wird es den Märkten schwer fallen, aus sich heraus die Kraft zu einer Aufwärtsbewegung aufzubringen.
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