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Stephen Paice im Gespräch
„Nordeuropa bietet jetzt einige interessante Investment-Chancen“
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Stephen Paice im Gespräch „Nordeuropa bietet jetzt einige interessante Investment-Chancen“

Stephen Paice von Baillie Gifford
Stephen Paice von Baillie Gifford: Der Fondsmanager sieht insbesondere in Schweden einige gute Gelegenheiten. | Foto: Montage von Jessica Hunold mit Canva

Das Investment: Herr Paice, wie sehen Sie die aktuelle Lage am Aktienmarkt?

Stephen Paice: Die Märkte kämpfen mit der Unsicherheit. Das spiegelt sich in den wilden, beinahe täglich zu beobachtenden Stimmungsschwankungen wider. Ob Inflation, eine drohende Rezession oder der andauernde Krieg in der Ukraine – es gibt keinen Mangel an Schlagzeilen, mit denen sich die Anleger beschäftigen müssen.

Die Nachrichtenlage bereitet also kein Vergnügen.

Paice: Das stimmt. Aber gerade in solchen Phasen lassen sich die besten Investments tätigen, da die Bewertungen so enorm gefallen sind. Wir machen uns keine Illusionen darüber, dass die Unternehmen mittelfristig in einem schwierigeren Umfeld operieren müssen. Doch solche mit starken Wettbewerbsvorteilen können größer und besser zu werden, wenn ihre Konkurrenten gezwungen sind, sich zurückzuziehen. 

In welchen Branchen ergeben sich jetzt besonders gute Chancen?

Paice: Die größten Chancen entstehen dort, wo der Markt auf die kurzfristige Entwicklung eines Unternehmens fixiert ist und dessen Fähigkeit unterschätzt, durch dauerhafte Wachstumsraten, durch Übernahmen, durch Innovation oder einfach dadurch, dass es seine Kunden gut bedient, einen Mehrwert zu schaffen. Das gelingt kleinen und mittelgroßen Industrie¬unternehmen oder solchen aus dem Gesundheitswesen oft besser als anderen – und viele dieser Unternehmen sind in Nordeuropa ansässig.

Ist der US-Markt nicht weitaus stärker als das alte, kriselnde Europa?

Paice: Über die letzten 30 Jahre haben wir die Wahrscheinlichkeit, ein europäisches Unternehmen zu identifizieren, das seinen Wert innerhalb von fünf Jahren verdoppeln kann, auf etwa 30 Prozent berechnet. Die Chance ist also nur geringfügig kleiner als im US-Markt. Es sind nur in der Regel nicht die bekannten Namen, und Sie müssen schon etwas genauer suchen, um solche Ausreißer zu finden. In den letzten Jahren gehörten beispielsweise Nibe Industrier, ein Wärmepumpenhersteller, dessen Wert in den letzten fünf Jahren um über 400 Prozent gestiegen ist, und IMCD, ein Spezialchemikalienhändler, der im gleichen Zeitraum um über 200 Prozent zugelegt hat, zu unseren erfolgreichsten Anlagen.

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Aber Risiken bestehen doch noch zweifellos. Welche Faktoren können das Geschäft verhageln?

Paice: Das Rauschen als Signal zu deuten, wäre ein Fehler. Wenn Sie kurzfristige Ausschläge falsch deuten, kann dies zu schlechten Entscheidungen führen – sei es, dass Sie Ihr Portfolio drastisch umschichten oder einfach zu früh verkaufen. Insbesondere bei Unternehmen, die langfristig außergewöhnliche Renditen erwirtschaften können, sind erhebliche Rückgänge zu erwarten.

Wir müssen den Mut haben, Unternehmen in schwierigen Zeiten zu halten und uns auf die Fundamentaldaten zu konzentrieren. Diese Aufgabe ist einfacher, wenn man eine langfristig ausgerichtete Unternehmenskultur hat, in unserem Fall durch eine private Partnerschaft, und wenn man sich auf strukturelles, nicht auf zyklisches Wachstum konzentriert.

Nach welchen Prinzipien gehen Sie bei Ihrer Aktienanalyse vor?

Paice: Wir konzentrieren uns auf die wichtigsten Merkmale, die wir bei den Ausreißern in Europa, den extremen Gewinnern auf lange Sicht, festgestellt haben. Also: Unternehmen mit großen, nachhaltigen Wachstumschancen und solche, die ihre Gewinnspannen im Laufe der Zeit ausweiten können und über starke Wettbewerbsvorteile verfügen, die es ihnen ermöglichen, dauerhafte und beständige Renditen zu erwirtschaften. Wir verwenden auch viel Zeit auf die Menschen, die hinter dem Unternehmen stehen, um sicherzustellen, dass es ein hohes Maß an Interessengleichheit gibt. Das Ergebnis ist, dass wir vorwiegend in familienkontrollierte oder von Gründern geführte Unternehmen investieren. 

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