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Wachtendorf-Kolumne Nachhaltigkeit: Trendsetter, Päpste und Diktatoren

DAS-INVESTMENT-Kolumnist Egon Wachtendorf
Ermutigt Fondsmanager, klare Kante zu zeigen: Kolumnist Egon Wachtendorf | Foto: DAS INVESTMENT

Entsteht da gerade ein neuer Trend? Mitte August 2022 erklärt Frank Fischer, Manager des knapp 1,1 Milliarden Euro schweren Frankfurter Aktienfonds für Stiftungen, sich schweren Herzens von seiner Lieblingsaktie Berkshire Hathaway zu trennen. Der Grund: Buffetts jüngst aufgestocktes Engagement beim US-Unternehmen Occidental Petroleum, das Erdöl und Erdgas fördert und in diesem Zusammenhang auch das als besonders umweltschädlich geltende Fracking betreibt. Für Fischer angesichts der Nachhaltigkeits-Kriterien seines Fonds ein absolutes No-Go. Nahezu zeitgleich kündigt Manager-Kollege Jason Pidcock an, für den von ihm betreuten Jupiter Asia Pacific Income angesichts der politischen Verhältnisse im Land keine chinesischen Aktien mehr zu kaufen. Ein Bann, der zumindest für die restliche Regierungszeit von Staatspräsident Xi Jinping gelten soll.

Klare Kante, die erwartungsgemäß nicht überall ankommt. „Berkshire Hathaway ist nicht irgendeine Aktie, sondern das weltweit erfolgreichste Unternehmen in den letzten 50 Jahren“, ätzt etwa der Limburger Vermögensverwalter Markus Stillger in einer direkten Replik auf Fischers Ankündigung. Er selbst werde deshalb in seinem derzeit sehr erfolgreichen Mischfonds MB Fund Max Global „nicht ein Stück dieser wunderbaren Aktie hergeben, nur weil hier irgendwelche von Öko-Päpsten selbst aufgestellte Investment-Kriterien nicht befolgt werden“. Auch Pidcock könnte seine der Performance momentan durchaus zuträgliche China-Abstinenz noch um die Ohren gehauen werden – wenn nämlich die von Corona-Lockdown und Staatsdirigismus gebeutelten Börsen in Shanghai und Shenzhen schneller wieder aufsteigen sollten als derzeit von vielen Marktteilnehmern erwartet und sein Fonds in den Ranglisten dann nach unten durchgereicht würde.

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Trotzdem wünsche ich mir für die Zukunft mehr Manager wie Fischer und Pidcock. Vorausgesetzt natürlich, sie lassen ihren Worten Taten folgen und sehen entsprechende Mitteilungen nicht als wohlfeiles Marketing-Instrument getreu dem Motto „Ich wollte diese Aktie sowieso verkaufen – mal sehen, was sich PR-mäßig draus machen lässt“. Zwar mögen Kapitalmarkt-Ikonen wie Warren Buffett oder skrupellose Diktatoren wie Chinas Xi Jinping über die in den genannten Beispielen kaum messbaren Effekte nur müde lächeln. In so manch anderem Fall könnte konsequenter Boykott dennoch helfen, gewünschte Veränderungen anzustoßen. Ähnliches gilt für die Opposition von Fondsgesellschaften auf Hauptversammlungen, wofür es längst das eine oder andere erfolgreiche Beispiel gibt.

Richtig angewandt dürften beide Instrumente jedenfalls allemal mehr bewirken als die Finanzberatern zum Stichtag 2. August 2022 aufgebrummte Verpflichtung, im Gespräch mit ihren Kunden zwingend deren Nachhaltigkeitspräferenzen abzufragen. Denn selbst wenn bei der Beratung am Ende ein nach Artikel 8 oder 9 der EU-Offenlegungsverordnung klassifizierter Fondsbaustein steht – über die ESG-Tauglichkeit (Umwelt, Soziales, verantwortliche Unternehmensführung oder im englischen Original Environment, Social, Government) der dann getätigten Investments sagt das zunächst wenig aus. Denn zu vielen der geforderten Parameter wie CO2-Ausstoss oder Frauenquote liegen von den Unternehmen, in die das als nachhaltig klassifizierte Kapital fließen soll, zum Zeitpunkt des Fondskaufs noch gar keine Daten vor. Davon einmal abgesehen: Welcher umweltbewusste Kunde will hierzulande schon in Atomkraft investieren, was entsprechend gekennzeichneten Fonds laut EU-Vorgaben neuerdings ausdrücklich erlaubt ist?

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