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Aktualisiert am 31.03.2020 - 12:19 Uhrin Emerging MarketsLesedauer: 8 Minuten

Reformprogramm China Staatliche Unternehmen öffnen sich privaten Anlegern

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„Bauern werden enteignet, um Land an Bauträger weiterzuverkaufen“


Die Situation scheint bei SOEs, die im Besitz von Lokalregierungen stehen, anders zu sein. Mehrere Faktoren machen eine aggressivere Privatisierung von SOEs im Besitz von Lokalregierungen wahrscheinlicher als dies bei Unternehmen im Besitz der Zentralregierung der Fall ist. Die SOEs der Lokalregierungen decken ein breiteres Feld von Aktivitäten ab. Viele von ihnen stehen im Wettbewerb mit effizienteren Privatunternehmen und sind nicht strategischer Natur. Diese Unternehmen sind generell weniger rentabel als zentrale SOEs.

Am wichtigsten ist unserer Einschätzung nach die schlechte Finanzlage vieler Lokalregierungen. Dadurch schafft der Verkauf von SOE-Werten einen starken Anreiz. Viele Lokalregierungen sind sehr hoch verschuldet. Gründe hierfür sind beschränkte Ertragsquellen und die wichtige Rolle, die ihnen bei den jüngsten Investitionsprogrammen zukam. Gleichzeitig wurde ihre Haupteinnahmequelle – der Verkauf von Land für Entwicklungsprojekte – weniger lukrativ. Zum einen werden die Immobilienmärkte stabiler. Gleichzeitig gelangt die Praxis, Bauern für eine geringe Entschädigung zu enteignen und das Land dann an Bauträger weiter zu verkaufen, zunehmend in den Blick der Öffentlichkeit. Es wurden zwar bereits Maßnahmen zur Reformierung der Finanzen der lokalen Regierungen ergriffen. Die Privatisierungserträge könnten aber eine große und unmittelbar verfügbare Unterstützung bieten.

Shanghai will Privatkapital bei 60 Prozent seiner SOEs zulassen

Weit über die Hälfte der chinesischen Provinzen und Gemeinden haben seit Bekanntgabe der Regierungsziele irgendeine Form von SOE-Reformmaßnahmen bekanntgegeben. Guangdong, Chongqing und Shanghai scheinen jedoch detailliertere Pläne als andere Provinzen zu haben. Meldungen Mitte des Jahres 2014 zufolge hat beispielsweise Guangdong ausländischen Anlegern Anteile an 50 verschiedenen SOEs angeboten und plant, bis 2017 70 Prozent der staatlichen Unternehmen für Privatkapital zu öffnen.

Laut einer Besprechungsunterlage der britischen Regierung bot die Provinz Chongqing Privatinvestoren sogar Anteile an mehr als 100 SOEs an. Shanghai äußerte die Absicht, bis 2020 Privatkapital bei 60 Prozent seiner SOEs zuzulassen und war für einige der aufsehenerregenden Unternehmensmaßnahmen verantwortlich. Darunter insbesondere das Einspeisen von privatem Kapital in ein angeschlagenes Hotelunternehmen und Stabilisierungsmaßnahmen im lokalen Lebensmitteleinzelhandel. Weiterhin äußerte auch die südliche Provinz Hainan Pläne zur Öffnung von Unternehmen in den Bereichen Transport, Bauwesen, Energie und Tourismus für Privatkapital.

Unserer Ansicht nach erscheint die Kluft zwischen den Absichten und den Maßnahmen derzeit groß. Lokale Regierungen und Anleger liegen in der jeweiligen Bewertung der staatlichen Unternehmen weit auseinander. In einem Briefingdokument merkt die britische Regierung an, dass nur sehr wenige Privatinvestoren an den über 100 Anlagemöglichkeiten, die von der Lokalregierung in Chongquing angeboten werden, interessiert sind.

Freihandelszonen als Zentren der Privatisierung

Wir glauben, dass sich diese Kluft durch eine Überbewertung der Unternehmen durch die Lokalregierungen sowie den mangelnden Willen, auf Kontrolle zu verzichten, erklären lässt. Ein weiterer möglicher Grund könnten die laufenden Maßnahmen zur Bekämpfung der Korruption in China sein. Die preis-bestimmenden Stellen wollen nicht beschuldigt werden, sie hätten Werte korrupt zu niedrig bewertet.

Auf der Käuferseite hatten Private Equity Vehikel in China wenig Erfolg, was das Interesse neuer Anleger einschränken dürfte. Sie sind jedoch für die Ermöglichung der Privatisierung eine potenziell wichtige Gruppe von Institutionen, die in den letzten Jahren wenige erfolgreiche Exits und schwache Kapitalerträge zeigte. Nichtsdestotrotz, könnte die Kombination aus willigen – oder erzwungenen – Verkäufern und der Menge an verfügbarem Investitionskapital zu einem steten Strom von Transaktionen führen. Dies gilt insbesondere, wenn Verkäufer bei ihren Preiserwartungen realistischer werden. Gleichzeitig müssen sich sowohl die Anleger mit der SOE-Privatisierung vertraut machen als auch die Aufsichtsbehörden mit den Bedürfnissen von Anlegern.

Wenn die Freihandelszonen erst besser etabliert sind, könnten sie unserer Meinung nach sehr gut zu Zentren der Privatisierungen werden. Jüngste Äußerungen lauten, die chinesischen Binnen-Aktienmärkte seien zunehmend gut geöffnet für ausländische Anleger und ermöglichen eine Zulassung für internationale Aktienindizes. Dies kann die Zahl der potenziellen ausländischen Käufer nur erhöhen. Insgesamt sind wir der Überzeugung, dass die SOE-Reformen in China schnell fortschreiten werden. Der potenzielle Nutzen für die chinesische Wirtschaft und für Anleger dürfte erheblich sein.

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