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in LebensversicherungLesedauer: 6 Minuten

Definition, Interpretation, Marktlage 5 Fragen und Antworten zur Solvenzquote

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3. Wie interpretiert man die Solvenzquote?

Hier genau wird es schwierig. Kann man die Finanzkraft eines Versicherers nun nur anhand dieser Zahl festmachen? Nein, ist die einhellige Meinung am Markt. „Die Solvenzquote beantwortet zu einem bestimmten Stichtag nur die Frage: Habe ich genug Kapital, um ein modellhaftes Schockereignis in der Zukunft zu überstehen“, sagt Lars Heermann, Bereichsleiter Analyse und Bewertung bei der Rating-Agentur Assekurata. Auch die Aufsichtsbehörde Bafin mahnt bei der Interpretation zur Vorsicht. Die Quote sei eine Momentaufnahme und keine Aussage für die Ewigkeit, so Frank Grund, Exekutivdirektor der Versicherungsaufsicht, vor Kurzem in einem Interview mit der „Versicherungswirtschaft heute“.

Tatsächlich können die Quoten „in Abhängigkeit von der Zins- und Marktentwicklung von Stichtag zu Stichtag schwanken“, gibt auch Axel Wehling, Mitglied der Geschäftsführung des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) zu bedenken. Experten sprechen sogar davon, dass die Quoten sich bei stark schwankenden Zinsen in einer Spanne von 25 bis 100 Prozentpunkten innerhalb weniger Wochen verändern können.

Hinzu kommt, dass eine Vergleichbarkeit unter den Versicherern momentan nahezu unmöglich ist. Heermann: „Die Solvenzquote ist keine Maßzahl, mit der man ein Ranking erstellen und von oben nach unten durchsortieren kann. Da vergleicht man massiv Äpfel mit Birnen.“

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Denn wie die Unternehmen diese Quote berechnen, ist unterschiedlich. Es gibt zwar ein Solvency-II-Standardmodell, aber das müssen die Versicherer nicht anwenden. Sie können auch interne Modelle nutzen, um das unternehmenseigene Risikoprofil besser abzubilden. Bedingung ist nur, dass die Bafin diese internen Modelle abgesegnet hat. Und auch innerhalb des Standardmodells sind unterschiedliche Annahmen etwa über künftige Vertragsstornierungen möglich.

Um die Verwirrung perfekt zu machen, haben Versicherungen auch noch die Möglichkeit, mit Genehmigung der Bafin bis zum Jahr 2031 mehrere Übergangsmaßnahmen in Anspruch zu nehmen. Sie müssen beispielsweise ihre Rückstellungen also nicht sofort auf Grundlage von Solvency II bewerten, sondern können schrittweise auf die volle Solvency-II-Bewertung übergehen. Das wiederum führt zu höheren Solvenzquoten.

Assekurata-Analyst Heermann vergleicht die Solvenzquote mit Fiebermessen: „Hat der Versicherer über 100 Prozent, hat er kein Fieber, liegt er unter 100 Prozent, hat er Fieber. Heißt das aber, dass der Versicherer mit einer Quote von über 100 Prozent keine anderen Erkrankungen hat? Nicht unbedingt.“ Und die Übergangsmaßnahmen wirkten quasi wie fiebersenkende Mittel: Der Patient geht zum Arzt, und es wird kein Fieber angezeigt, obwohl er vielleicht doch welches hat.

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