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Technologie Sind Schwellenländer einen Sprung voraus?

Internet-Einzelhändler profitieren von wenigen Supermarkt- und Einzelhandelsketten in Indien. (Foto: Getty Images, Indranil Mukherjee)
Internet-Einzelhändler profitieren von wenigen Supermarkt- und Einzelhandelsketten in Indien. (Foto: Getty Images, Indranil Mukherjee)
Die potenzielle Beschleunigung des Wirtschaftswachstums von Schwellen- und Grenzmärkten aufgrund des Transfers neuer Technologien ist immer wieder Thema unserer Recherche-Ergebnisse. Dabei schlägt uns eine neue Entwicklung zunehmend in ihren Bann: Die Fähigkeit neuer Technologien, insbesondere bei der Datenübertragung über das Internet, ältere Technologien und kommerzielle Aktivitäten einfach zu überspringen.

Unserer Meinung nach dürfte das noch zu spannenden wirtschaftlichen Entwicklungen führen. Schwellenmärkte überspringen ältere Technologien einfach und setzen die aktuell modernsten Technologien direkt um.


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Großer Erfolg: Geldüberweisungsdienst in Kenia 


Ein Beispiel hierfür ist das Phänomen des mobilen Geldüberweisungssystems in Kenia, ein System mit erheblicher Reichweite bei gleichzeitigem Wachstumspotenzial. Der Betreiber eines Mobilfunknetzwerks startete diesen Dienst, um den Bedürfnissen der großen Zahl Kenianer gerecht zu werden, die über kein Bankkonto verfügen. So wird ihnen unter dem Slogan „Send Money Home“ (Schick’ Geld nach Hause) eine sichere Methode geboten, um Geld an ihre Familien zu senden.

Ganz unerwartet breitete sich dieser Dienst wie ein Lauffeuer in der Bevölkerung aus. Bereits im März 2012 machten die über M-PESA (das suahelische Wort für „Geld“) ausgeführten Transaktionen etwa 25 Prozent des kenianischen Bruttoinlandsprodukts (BIP) aus. Im Zuge dieses Erfolgs verbreitete sich das System auch rasant in vielen anderen Ländern Afrikas, Asiens und sogar Europas, wo geografische Gegebenheiten oder die Sicherheitslage Geldüberweisungen über größere Distanzen schwierig gestalten. Gleichzeitig hat der leicht zu nutzende Dienst in Kenia und anderenorts zu einer wahren Explosion zusätzlicher Aktivität in den Bereichen Kommerz, Sparverhalten und Kredite geführt.

Weit über die Hälfte der Bevölkerung des Landes nutzt diese Möglichkeiten (Stand: März 2012). Ähnliche Angebote werden nun auch gesondert in anderen Ländern eingerichtet. Auch Banken beteiligen sich inzwischen an der Entwicklung. Sie haben erkannt, dass der Bedarf nach einem aufwendigen System physischer Zweigstellen keinen hohen Stellenwert hat.

Neue Verbraucher auf innovative Weise erreichen

Die gleiche Entwicklung lässt sich im indischen Einzelhandel beobachten. Weil das Land durch nationalistische Gesetze und bürokratische Trägheit die Entstehung von Supermarkt- und Einzelhandelsketten weitgehend verhindert hat, hat es – unserer Meinung nach – maßgeblich dazu beigetragen, den Bau von Ladenlokalen von Beginn an zu erschweren. So konnten Internet-Einzelhändler in den indischen Einzelhandelsmärkten rasante Fortschritte erzielen.

Wenn wir uns mit Geschäftsführern dieser Unternehmen zusammensetzen, überraschen uns immer wieder die anekdotenhaften Erfahrungsberichte: Vertriebsmodelle, die zur Belieferung von vermeintlich technisch versierten Kunden in den Städten entwickelt wurden, stoßen in der Praxis auf eine erstaunlich hohe Nachfrage aus ländlichen Regionen.