Volkswirt Andreas Busch
In den USA droht eine Kündigungswelle

Andreas Busch arbeitet als Volkswirt bei der Investmentgesellschaft Bantleon. Foto: Thomas Wieland
Eigentlich sieht die Lage in den USA rosig aus: Der Jobmarkt brummt, die Arbeitslosenquote ist niedrig. Frühindikatoren deuten jedoch auf eine Rezession hin.
Den neusten Zahlen des Bureau of Labor Statistics zufolge scheint der US-Jobmotor nach wie vor zu brummen. Mit einem Zuwachs von durchschnittlich 350.000 in den vergangenen drei Monaten werden momentan mehr als doppelt so viele Stellen geschaffen wie in der Zeit vor der Corona-Krise. Gleichzeitig bewegt sich die Arbeitslosenquote mit 3,6 Prozent nahe dem tiefsten Stand seit über 50 Jahren. Eine Rezession können sich viele Beobachter vor diesem Hintergrund nur schwer vorstellen.
Der US-Jobmarkt gerät unter Druck
Ganz so rosig, wie es die Zahlen vermuten lassen, ist die Lage jedoch nicht. Zum einen enthalten einige Details der genannten Veröffentlichungen – wie andere...
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Den neusten Zahlen des Bureau of Labor Statistics zufolge scheint der US-Jobmotor nach wie vor zu brummen. Mit einem Zuwachs von durchschnittlich 350.000 in den vergangenen drei Monaten werden momentan mehr als doppelt so viele Stellen geschaffen wie in der Zeit vor der Corona-Krise. Gleichzeitig bewegt sich die Arbeitslosenquote mit 3,6 Prozent nahe dem tiefsten Stand seit über 50 Jahren. Eine Rezession können sich viele Beobachter vor diesem Hintergrund nur schwer vorstellen.
Der US-Jobmarkt gerät unter Druck
Ganz so rosig, wie es die Zahlen vermuten lassen, ist die Lage jedoch nicht. Zum einen enthalten einige Details der genannten Veröffentlichungen – wie andere Statistiken – eine Reihe von Schwächesignalen. Zum anderen deuten wichtige vorauslaufende Indikatoren darauf hin, dass die Beschäftigung in den USA in den kommenden Quartalen unter Druck geraten dürfte – und zwar unabhängig davon, wie sich die Ereignisse um die jüngsten Bankenzusammenbrüche weiterentwickeln.
Ein Indikator, der eine beginnende Arbeitsmarktabschwächung signalisiert, sind die Zeitarbeitskräfte im Dienstleistungssektor. Ihre Zahl erreichte im März vergangenen Jahres einen Höhepunkt und sinkt seithdem. Weil der Personalabbau in Unternehmen üblicherweise darin seinen Anfang nimmt, dass temporäre Beschäftigungsverhältnisse nicht verlängert werden, kann diese Größe als Frühindikator für die Beschäftigung insgesamt herangezogen werden. Sie zeigt eine deutlich nachlassende Dynamik in den kommenden Monaten.
Die Zahl der Zeitarbeitskräfte sinkt

Werden neben dem Stellensaldo weitere Statistiken zur Beschäftigungsentwicklung herangezogen, bekommt das freundliche Bild noch mehr Kratzer. So haben Großunternehmen gemäß Zahlen eines bekannten Personalvermittlers in den vergangenen Monaten eine wachsende Zahl an Entlassungen angekündigt. Im Dezember wurde sogar die höchste Zahl seit über sieben Jahren gemeldet (die Corona-Krise Anfang 2020 ausgenommen).
Es ist keineswegs ungewöhnlich, dass die Personalfreisetzungen nicht unmittelbar, sondern erst im Laufe der folgenden Monate umgesetzt werden. Folglich kündigt auch dieser Trend einen bald deutlich nach unten drehenden Stellensaldo an.
Unternehmen kündigen mehr Entlassungen an

Zieht man zusätzlich vorausschauende Konjunkturindikatoren hinzu, trübt sich der Ausblick noch mehr ein. Zunächst sticht die Bauwirtschaft ins Auge. Die Wohnbauinvestitionen gehen seit knapp zwei Jahren zurück und haben den tiefsten Stand seit sieben Jahren erreicht. Gleichzeitig stieg die Beschäftigung jedoch bis zuletzt. Das ist nicht unüblich. Folglich muss davon ausgegangen werden, dass es zu einer Kündigungswelle kommt.
Noch bedeutsamer als die Bauinvestitionen sind die Unternehmensinvestitionen. Deren Anteil am Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist rund fünf Mal so groß. Gleichermaßen stärker ist auch der Einfluss auf die Beschäftigung. Wir haben bereits darauf hingewiesen, dass deutliche Rückgänge bei den Unternehmensinvestitionen bevorstehen. Die im vergangenen Jahr massiv gestiegenen Zinsen sowie Lohn- und Rohstoffkosten entfalten nämlich üblicherweise erst mit großer Zeitverzögerung ihre volle Wirkung.
Firmen halten sich mit Investitionen zurück

Wie unsere weit vorauslaufenden Frühindikatoren zeigen, muss entsprechend bis ins kommende Jahr hinein mit einer sinkenden Kapitalgüternachfrage gerechnet werden. Für den Arbeitsmarkt sind das schlechte Nachrichten. Wenn Unternehmen ihre Investitionen namhaft zurückfahren, geht dies erfahrungsgemäß mit einem umfangreichen Stellenabbau einher.
Alles in allem sind dunkle Wolken über dem US-Arbeitsmarkt aufgezogen. Es ist ungeachtet der Diskussionen um einen strukturellen Arbeitskräftemangel wahrscheinlich, dass die Beschäftigungszahlen in den kommenden Quartalen sinken und die Arbeitslosenquote entsprechend steigt. Der letzte Fels in der Brandung der US-Konjunktur dürfte damit verschwinden und die weltweit größte Volkswirtschaft in eine Rezession rutschen.
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