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Die ungelösten Probleme von Lateineuropa

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Finanzielle Unterdrückung

Wir befinden uns in einer Welt, in der es zu viele Schulden gibt. In den Ländern der entwickelten Welt sind entweder die Staaten oder die privaten Haushalte und oft beide Sektoren mit einem Schuldenberg konfrontiert, den sie kaum bedienen können.

In dieser Situation werden normalerweise, sehr sehr grob gesagt, die Gläubiger zur Ader gelassen. Das geschieht direkt, indem der Schuldner einfach nicht mehr zahlt (Griechenland, viele amerikanische und bald auch spanische Immobilienbesitzer).

Meistens aber indirekt durch sogenannte Finanzielle Unterdrückung: Den Kapitalbesitzern wird das Geld aus der Tasche gezogen, ohne dass es hierzu einen offiziellen Beschluss gäbe.

Die Finanzielle Unterdrückung nimmt derzeit zwei Formen an: Erstens liegen die Zinsen deutlich unter der Inflationsrate. Zweijährige Deutsche Staatsanleihen bringen jährlich 0,1 Prozent bei einer Inflationsrate von etwa 2 Prozent. Damit verliert das Vermögen des Sparers/Gläubigers/Kapitalinhabers jedes Jahr an Kaufkraft und der Schuldner kann sich freuen.

Real sinken seine Verbindlichkeiten: Die 100, die der Staat heute schuldet, sind in zwei Jahren dank der Inflation nur noch etwa 96 wert, und solange fast keine Zinsen gezahlt werden, fallen für diesen Vermögenszuwachs auch kaum Kosten an.

Scheinbare Sicherheit

Die Sparer können dieser Situation kaum entkommen, denn die anderen „sicheren“ Staatsanleihen werfen ebenfalls kaum Zinsen ab und haben (außer Japan) dasselbe Inflationsproblem (in der Schweiz entsteht es gerade).

Egal, wo man heute investiert, sei es in Gold, in Staatsanleihen oder Immobilien, die Sicherheit ist nur scheinbar.

Am folgenden Beispiel kann man sich veranschaulichen, wie es in der Praxis läuft: Man stelle sich jemanden vor, der viel verdient hat im Leben und zwei Millionen Euro auf die Seite schaffen konnte. Von den Zinsen plant er zu leben und er möchte keine Risiken eingehen. Das Zinsniveau ist derzeit so, dass er von den Staatsanleihen mittlerer Laufzeit, die er nun kauft, etwa 20.000 Euro im Jahr vor Steuern als Einkommen hat. Das dürfte eine herbe Enttäuschung sein für einen Millionär, der sich eben noch für wohlhabend hielt.

Das Leben eines Millionärs ist damit weniger attraktiv als das eines durchschnittlichen Rentners, der mehr Geld aus einer ebenso sicheren Quelle erhält.

Die zweite Form der Finanziellen Unterdrückung besteht in der Besteuerung. Die Steuern werden steigen, insbesondere für mittlere Vermögen und Immobilien. Immobilien sind schön im Wert gestiegen und können nicht weglaufen.

Das wird der Staat sich nicht entgehen lassen, warum sollte er auch, schwingt doch das Pendel der öffentlichen Meinung allgemein hin zum Staat, weg von den Privaten. In Frankreich kann man gewählt werden mit dem Versprechen, 75 Prozent von den Spitzenverdienern zu nehmen, und auch in Deutschland ist „Steuersenkung“ zu einem Wort geworden, mit dem man Wahlen verliert.

So eine Gelegenheit ist einmalig für die gebeutelten Finanzminister. Da ist es auch völlig egal, dass das Haushaltsdefizit der Eurozone von 6,2 Prozent im Jahr 2010 auf 4,1 Prozent im Jahr 2011 gefallen und eigentlich auf gutem Wege ist.

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