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Aktualisiert am 21.08.2023 - 10:36 Uhrin FondsLesedauer: 10 Minuten

Anlageprodukte fürs Klima Diese dunkelgrünen Aktienfonds schneiden über fünf Jahre besonders gut ab

Weltkugel mit Windturbinen: Maßnahmen gegen den Klima wandel, der Wunsch nach mehr Energiesicherheit und Kostenvorteile treiben die Energiewende weltweit voran. Strom aus erneu erbaren Energiequellen wie Solar und Windkraft stehen im Zentrum des Wandels.
Kugel mit Windkraftanlagen: Maßnahmen gegen den Klima wandel, der Wunsch nach mehr Energiesicherheit und Kostenvorteile treiben die Energiewende weltweit voran. Strom aus erneuerbaren Energiequellen wie Solar und Windkraft stehen im Zentrum des Wandels. | Foto: Imago Images / Yay Images

Rendite allein reicht nicht mehr. Hitzewellen, Müllberge und Umweltkrisen motivieren immer mehr Menschen, ihr Geld nachhaltig anzulegen. In einer Umfrage der Gothaer Versicherung geben 53 Prozent der Anleger an, dass ihnen grüne Aspekte bei Geldanlagen wichtig sind. Auch bei Fondsinvestoren steht das Thema hoch im Kurs: 29 Prozent der Befragten entscheiden sich für Nachhaltigkeitsfonds – und haben die Qual der Wahl.

Die Auswahl an Finanzprodukten ist inzwischen so üppig, dass Anlegern die Orientierung schwer fällt. Hilfestellung leistet die Europäische Union (EU), die den Markt intensiv reguliert. Seit März 2021 gilt Stufe 1 der EU-Offenlegungsverordnung. Demnach teilen Anbieter ihre Anlagevehikel in drei Kategorien ein: Finanzprodukte ohne expliziten Nachhaltigkeitsfokus fallen unter Artikel 6. Unter Artikel 8 gelistete Fonds müssen unter anderem ökologische oder soziale Merkmale haben. Anlageprodukte, die Asset Manager unter Artikel 9 einstufen, müssen ausdrücklich ein nachhaltiges Ziel verfolgen.

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Dem deutschen Fondsverband BVI zufolge kletterte das Vermögen von Artikel-8- und Artikel-9-Fonds im ersten Quartal 2023 auf einen neuen Höchststand. Ende März betrug es satte 808 Milliarden Euro. Das entspricht einem Plus von rund 7 Prozent gegenüber dem Jahresende 2022. Nachhaltige Publikumsfonds waren Ende März insgesamt 636 Milliarden Euro schwer. Damit entfällt erstmals die Hälfte des gesamten Publikumsfondsvermögens auf die Kategorie. Spezialfonds kamen auf 172 Milliarden Euro – rund 37 Milliarden Euro mehr als Ende Dezember.

Ein Grund für das Wachstum der nachhaltigen Fondsbranche ist dem BVI zufolge die Neuklassifizierung großer Anlageprodukte nach Artikel 8 der EU-Offenlegungsverordnung. Allein im ersten Quartal 2023 hoben Anlagegesellschaften in Europa 263 Fonds von Artikel 6 auf Artikel 8, wie aus Daten des Analysehauses Morningstar hervorgeht. Der Marktanteil von Artikel-8-Fonds kletterte Ende März auf 53,8 Prozent. Der Anteil der nach Artikel 9 eingestuften Anlagevehikel lag bei 3,2 Prozent. Damit haben 57 Prozent der Fonds ein nachhaltiges Profil.

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Quelle: BVI, Stichtag jeweils zum Quartalsende

Trotz der Regulierung mangelt es am nachhaltigen Fondsmarkt an Transparenz. Mit Inkrafttreten der Stufe 2 der EU-Offenlegungsverordnung verlangt der Gesetzgeber seit Januar 2023 zwar erweiterte Transparenzpflichten, jedoch brachten die neuen Regeln eine Welle von Rückstufungen von Artikel 9 auf Artikel 8 mit sich. Um nicht in die Bredouille zu geraten, setzten Asset Manager ihre Angebote vorsorglich herunter. Dem Analysehaus Scope zufolge betrafen die Herabstufungen jeden fünften Artikel-9-Fonds mit deutscher Vertriebszulassung.

Infolge des Wirrwarrs stellte die EU-Kommission im April klar, wie Asset Manager nachhaltige Investitionen entsprechend der EU-Offenlegungsverordnung interpretieren sollen. Laut der Behörde gelten auch künftig keine Mindestvorgaben für nachhaltige Geldanlagen. Zudem fallen Anlageprodukte, die eine Minderung des Kohlenstoffausstoßes bezwecken, unter Artikel 9 der EU-Offenlegungsverordnung.

Regulierung verunsichert Anleger

Scope-Experten gehen davon aus, dass Asset Manager die Umwandlungen der Fonds angesichts der Stellungnahme der EU-Kommission rückgängig machen. Das könnte zu weiterer Verunsicherung bei Investoren führen. „Viele Anleger werden überfordert sein, die Angaben der Fondsgesellschaften auf ihre Korrektheit zu überprüfen, zu bewerten und zu vergleichen“, heißt es von Scope.

Natalia Wolfstetter von Morningstar sieht die EU-Offenlegungsverordnung ebenfalls kritisch. „Es ist immer noch unklar, inwieweit Artikel-8-Fonds wirklich nachhaltig sind und welchen Anforderungen Artikel-9-Fonds genügen müssen“, sagt die Analystin. Die Regulierung führe auch dazu, dass Anbieter vorsichtiger agieren und weniger Fonds auf den Markt bringen. Der Gesetzgeber könne die Regulierung mit einheitlichen Berechnungsmethoden und restriktiven Vorgaben für die Nutzung von ESG-Bestandteilen in Produktnamen verbessern.

Orientierungshilfe bei der Auswahl nachhaltiger Anlageprodukte bieten Qualitätsstempel wie das Siegel des Forums Nachhaltige Geldanlagen (FNG) und das Morningstar Sustainability Rating. Das FNG-Siegel soll Investoren ermöglichen, Geldanlagen differenziert zu betrachten. Anbietern soll es helfen, Finanzprodukte transparenter zu machen. FNG prüft Mindestanforderungen und darüber hinausgehende Merkmale. Besonders hochwertige Nachhaltigkeitsfonds erhalten von FNG bis zu drei Sterne. Derzeit tragen 291 Anlagevehikel aus 13 Ländern das FNG-Siegel.

Das Morningstar Sustainability Rating soll Anleger in die Lage versetzen, Fonds auf Grundlage von Umwelt-, Sozial- und Governance-Kriterien zu bewerten. Basierend auf einem Scoring-Modell zwischen 0 und 100 Punkten erhalten Finanzprodukte ein Rating von einem bis fünf Weltkugel-Symbolen (Globen). Ein Globus entspricht einem niedrigen Rating, zwei Globen einem unterdurchschnittlichen, drei Globen einem durchschnittlichen, vier Globen einem überdurchschnittlichen und fünf Globen einem hohen Nachhaltigkeits-Rating.

Quelle Fondsdaten: FWW 2024

Energiewende bietet Chancen

Ein Fonds, der sich mit einem hohen Morningstar Sustainability Rating schmückt, ist der Blackrock Sustainable Energy (ISIN: LU0171289902). „Wir legen in saubere Energie, sauberen Transport und energieeffiziente Lösungen an“, erklären die Portfoliomanager Alastair Bishop und Charles Lilford. Im Fokus der Männer stehen besonders Unternehmen, die die Energiewende ermöglichen und von ihr profitieren. Auf der Top-Position des Blackrock Sustainable Equity rangiert das US-Energieunternehmen Nextera Energy (6,3 Prozent), gefolgt vom deutschen Versorger RWE (5,2 Prozent) und dem italienischen Konzern Enel (5,2 Prozent; Stand: 31. Mai 2023). In den vergangenen drei Jahren erwirtschafteten Investoren mit dem Fonds ein Performance-Plus von knapp 53 Prozent. Auf Fünf-Jahres-Sicht schlugen sogar fast 100 Prozent zu Buche – bei einer durchschnittlichen Volatilität von 19 Prozent (Stand: 25. Juli 2023).

Quelle Fondsdaten: FWW 2024

Etwas höhere Erträge erzielten Investoren in den vergangenen Jahren mit dem Guinness Sustainable Energy (IE00BGHQF417). Das Anlageprodukt brachte auf Fünf-Jahres-Sicht einen Zuwachs von 126 Prozent (Stand: 25. Juli 2023). Fondsmanager Jonathan Waghorn setzt wie Bishop und Lilford auf die Energiewende. „Ein Treiber des Wandels ist das rasche Bevölkerungswachstum, das die konventionelle Energieversorgung an ihre Grenzen bringt“, sagt der Anlageexperte. Zudem kommen  Maßnahmen gegen Klimawandel und Umweltverschmutzung, der Wunsch nach Energiesicherheit und sinkende Kosten nachhaltiger Energiequellen der Energiewende zugute. Auf politischer Ebene verbessere das Repower-EU-Abkommen die Anlageaussichten. Es sei als direkte Reaktion auf den Ukraine-Krieg verabschiedet worden und sehe Investitionen in Höhe von 300 Milliarden Euro in den Jahren 2022 bis 2030 mit Schwerpunkt auf erneuerbare Energien und Energieeffizienz vor.

Ebenfalls nützlich sei der Inflation Reduction Act (IRA) der Vereinigten Staaten. Das Bundesgesetz enthalte 369 Milliarden US-Dollar direkte Finanzmittel und Steuergutschriften, die auf Klima- und Energiesicherheit abzielen. In China sei der 14th Five-Year Plan on Renewable Energy Development besonders relevant, der eine Steigerung der Energieerzeugung aus erneuerbaren Quellen um 50 Prozent bis zum Jahr 2025 vorsehe.

Waghorn wählt für den Guinness Sustainable Energy Aktien aus einem Investment-Universum von rund 250 Titeln. Die Wertpapiere sollen die gesamte Bandbreite des nachhaltigen Energiesektors abdecken. Im Portfolio sind sie ähnlich gewichtet. „Ich weiß nie, wann eine Aktie funktioniert. Deshalb halte ich an etwa 30 Positionen fest, die ich auch Überzeugungstitel nenne“, erklärt der Finanzexperte. Einen besonderen Fokus legt Waghorn auf US-Aktien, denen der IRA einen erheblichen Vorteil bringt. Aktuell investiert der Portfoliomanager vermehrt in Anlagenhersteller aus der Solarbranche. Besonders spannend findet er Fotovoltaikunternehmen wie First Solar, Xinyi Solar und Canadian Solar.

 

Quelle Fondsdaten: FWW 2024

Solarbranche treibt Performance

Für letztere Firma begeistert sich auch Pascal Rochat vom Schweizer Fondsanbieter Active Niche Funds, der den Active Solar (LU0377291322) managt. In den vergangenen fünf Jahren bescherte die Energieofferte Investoren ein Ertragsplus von satten 214 Prozent – wenn auch bei einer vergleichsweise hohen Volatilität von knapp 38 Prozent (Stand: 25. Juli 2023). „Die Zuwächse sind unmittelbar mit dem übermächtigen Wachstum der Solarindustrie verbunden“, sagt Rochat. Allein in diesem Jahr betrage das Plus der Branche 350 Gigawatt. Damit lasse sich ganz Deutschland mit Strom versorgen. Neben Canadian Solar hat Rochat auch das israelische Fotovoltaikhaus Solaredge im Blick. Die Firma mit Hauptsitz in Herzlia bietet Wechselrichter an und ist auch in den USA und Europa vertreten.

Quelle Fondsdaten: FWW 2024

Auch Stian Ueland von der Investmentgesellschaft DNB Asset Management ist der Solarbranche gegenüber positiv gestimmt. „Angesichts der gestiegenen Ansprüche an Energiesicherheit dürfte die Nachfrage nach Solaranlagen weiter hoch bleiben“, glaubt der Portfoliomanager des DNB Renewable Energy (LU0302296149). Rückenwind dürfte der Branche eine mögliche Reaktion Europas auf den IRA der USA geben, die Subventionen für europäische Unternehmen verspricht.

Ueland investiert unter anderem in das US-Solarunternehmen Sunrun. Die Firma biete Solarenergie für Wohnhäuser und Batterien und hat ein Geschäftsmodell erfunden, das Haushalten ermöglicht, ohne Investitionen auf Solarenergie umzusteigen und Stromkosten zu senken. Eine weitere Top-Anlage im DNB Renewable Energy ist Darling Ingredients, ein führender Hersteller von erneuerbarem Diesel und das größte börsennotierte Unternehmen, das Lebensmittelabfälle in nachhaltige Produkte umfunktioniert. Aktuell wandelt es Ueland zufolge 10 bis 15 Prozent der Abfälle der globalen Fleischindustrie in Kraftstoffzutaten, Kollagen, Dünge- und Futtermittel um. Auf Uelands Investment-Liste steht zudem Vestas, ein Windkraftanlagen-Hersteller mit Sitz im dänischen Aarhus. „Das Unternehmen ist als Weltmarktführer bei Onshore-Windturbinen stark positioniert. Sein Management senkt durch technologische Innovation und Optimierung der Lieferkette nachweislich Kosten“, sagt Ueland.

Quelle Fondsdaten: FWW 2024

Hohe Nachfrage nach E-Autos

Simon Webber, Portfoliomanager des Schroder ISF Global Climate Change Equity (LU0302446645), hält ebenfalls Vestas-Aktien. „Wir sind sehr positiv gestimmt, was die Lieferketten für erneuerbare Energien betrifft“, sagt der Nachhaltigkeitsexperte. Die Branche befinde sich an einem wichtigen Wendepunkt. Sie werde nicht nur durch die Klimapolitik von Regierungen unterstützt, sondern sei inzwischen auch wirtschaftlicher als fossile Energie.

Neben der Energiebranche hat Webber auch die E-Auto- und Cloud-Industrie im Blick. „Die Marktdurchdringung batteriebetriebener Fahrzeuge steigt rasant, jedoch gibt es in der gesamten Lieferkette Kapazitätsengpässe“, sagt der Portfoliomanager. Die Branche ringe regelrecht darum, genug Batterien zu produzieren. Besonders spannend seien Investments in den koreanischen Batteriehersteller Samsung SDI, der die hohe Nachfrage europäischer und amerikanischer Autohersteller befriedigen könne.

Cloud-Anbieter wie Microsoft und Alphabet überzeugen Webber mit Umweltaspekten. Clouds erreichen laut dem Portfoliomanager eine Serverauslastung von bis zu 90 Prozent und verbessern damit im Vergleich zu Unternehmensservern die Energieeffizienz um bis zu 80 Prozent. „Zudem investieren die Unternehmen in erneuerbare Energien, die nahezu 100 Prozent ihres Verbrauchs ausmachen“ sagt Webber.

Transparente Ratings

Ob ein breit aufgestellter Aktienfonds mit Börsen-Schwergewichten oder ein konzentrierter Energiefonds besser ins Portfolio passt, müssen Anleger ihren Vorlieben entsprechend entscheiden. Ein Königsweg existiert am Fondsmarkt nicht. „Es gibt nicht die eine, allgemeingültige Definition von Nachhaltigkeit, sondern ein breites Spektrum von Ansätzen“, sagt Morningstar-Analystin Wolfstetter. Anleger sollten sich stets über eigene Werte und Ziele im Klaren sein und überlegen, welche Strategie dazu passt.

 

Hilfestellung gibt der Gesetzgeber. Im Juni legte die EU-Kommission erneut ein Maßnahmenpaket zur Taxonomie vor. Die Behörde veröffentlichte delegierte Verordnungen, die Wirtschaftstätigkeiten mit Blick auf Umweltziele einordnen. Dabei geht es um die vier Ziele „nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen“‚ „Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft“, „Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung“ und „Schutz und Wiederherstellung der Biodiversität und der Ökosysteme“. Außerdem erweiterte die EU-Kommission auch das Spektrum von Wirtschaftstätigkeiten, die zum Klimaschutz und zur Anpassung an den Klimawandel beitragen und bisher nicht unter die Taxonomie fielen. Dazu zählen das verarbeitende Gewerbe und der Verkehrssektor.

Das Maßnahmenpaket der EU-Kommission enthält auch einen neuen Vorschlag: Die Kommission will die Qualität und Transparenz von ESG-Ratings in der Finanzbranche verbessern. Anbieter von Nachhaltigkeits-Ratings sollen künftig von der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) zugelassen und beaufsichtigt werden. „Die neuen Vorschriften werden Anleger in die Lage versetzen, bei nachhaltigen Investitionen fundiertere Entscheidungen zu treffen“, heißt es von der Kommission. Die Verordnungen sind erst ein Entwurf. Das EU-Parlament und der EU-Rat müssen noch zustimmen. Läuft der Prozess reibungslos, erhalten Anleger eine weitere Orientierungshilfe im Nachhaltigkeits-Dschungel auf dem Fondsmarkt.

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