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Aktualisiert am 22.07.2008 - 16:31 UhrLesedauer: 3 Minuten

Eurozone: Unsichere Zeiten

Der Jahresauftakt war stark, doch die Konjunktur der Eurozone wird Schwung verlieren. Hilfe gibt’s ausgerechnet vom Arbeitsmarkt

Manchmal könnte man meinen, Volkswirte können sich nie so richtig freuen. Kaum kamen im Mai die Wirtschaftsdaten für das erste Quartal 2008 heraus, begannen die Wirtschaftsforscher, nach Fehlern zu suchen. Das Wirtschaftswachstum von 2,2 Prozent, das die Euroländer durchschnittlich im Vergleich zum Vorjahresquartal erreicht hatten, wirkte zu gut, um wahr zu sein. Schade: Die Volkswirte wurden fündig.
Das ungewöhnlich milde Wetter sorgte dafür, dass am Bau fast den ganzen Winter lang gearbeitet wurde. „Gleichzeitig gab es im ersten Quartal wegen Ostern zwei Arbeitstage weniger als normal, an denen die Produktion zwar in weiten Bereichen stillstand, die aber im Rahmen der Kalenderbereinigung rechnerisch ausgeglichen werden“, sagt Michael Bräuninger, der beim Hamburgischen Welt-Wirtschafts-Institut (HWWI) den Bereich für Wirtschaftstrends leitet. Das heißt etwas frei übersetzt: Es wurde an Tagen gearbeitet, die es statistisch gesehen nicht gab.
Derzeit sprechen einige Faktoren dafür, dass die kommenden Ergebnisse der Euro-Konjunktur etwas bescheidener ausfallen werden. Damit würde die Wirtschaft genau jenen negativen Verlauf nehmen, der an den europäischen Aktienmärkten seit Jahresbeginn gespielt wird.

Schwellenländer treiben die Preise

Ein wichtiger Faktor ist die Inflation. Mit einer Rate von 3,6 Prozent war sie im März in der Eurozone so hoch wie seit über 15 Jahren nicht mehr. Sie ist unter anderem ein Ergebnis des starken Wirtschaftsaufschwungs der Schwellenländer. Anstatt brav die Unterhosen der Europäer zu nähen, will der chinesische Fabrikarbeiter neuerdings auch immer häufiger seinen Wagen volltanken. Ein Trend, der die Preise am Weltmarkt treibt, vor allem für Nahrung und Energie. Doch solange die nächste Heizungsabrechnung ein Loch in die Brieftasche brennen kann, müssen andere Käufe warten. Das Konsumklima-Barometer der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) ging folglich im Juni ungewöhnlich stark von 5,6 auf 4,9 Punkte zurück. So negativ alles klingt, eine Rezession, also eine schrumpfende Wirtschaftsleistung für mindestens zwei Quartale, wird für die Eurozone nicht erwartet. Ein Grund dafür sind die stark wachsenden Wirtschaften der Schwellenländer. „Inzwischen gehen rund 25 Prozent der Euro-Exporte nach Asien und nur knapp 12 Prozent in die USA“, sagt Klaus Wiener, Chefvolkswirt bei der Fondsgesellschaft Generali Investments. Selbst wenn die USA wegen ihrer Wirtschaftsflaute als Handelspartner für Europa wegbrechen, könne die hohe Nachfrage aus den Schwellenländern vor allem nach Maschinen und Ausrüstungen den Export etwas stabilisieren.

Gelobtes Hartz IV

Als zweite wichtige Stütze sieht Wiener die deutlich gesunkenen Arbeitslosenzahlen: „So hart es auch klingt, die Hartz- IV-Reform der Schröder-Regierung hat einen starken Anreiz zur Arbeitsaufnahme geliefert.“ Immerhin liegt die Arbeitslosenquote in der Eurozone mit saisonbereinigten 7,1 Prozent rund 3 Prozentpunkte tiefer als noch vor zehn Jahren. „Das ist ein langfristiger Trend, der die noch immer recht schwache Konsumlust der Europäer nachhaltig verbessern könnte“, meint Volkswirt Axel Lindner vom Institut für Wirtschaftsforschung in Halle. Dieser Effekt wird die Inflationsangst sicher nicht übertreffen, aber zumindest etwas aufwiegen. Überträgt man alles auf den Aktienmarkt, erwartet Anleger ein eher trauriges Restjahr. Doch 2009 sollte es angesichts eines Wirtschaftswachstums von knapp 2 Prozent besser werden.  

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