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Großes Roundtable-Gespräch 6 Vermögensverwalter über Aktien, Risiken, ETFs und Fintechs

Vermögensverwalter-Diskussionsrunde (von links): Hendrik Leber, Acatis Investment; Wilhelm Berghorn, Mandelbrot Asset Management; Jörg Scholl, Solution ASset Management; Carl Otto Schill, Value Partnership; Oliver Kämmerer, nova fund management; Marc Profitlich, ProfitlichSchmidlin. Foto: Lutz Sternstein.
Vermögensverwalter-Diskussionsrunde (von links): Hendrik Leber, Acatis Investment; Wilhelm Berghorn, Mandelbrot Asset Management; Jörg Scholl, Solution ASset Management; Carl Otto Schill, Value Partnership; Oliver Kämmerer, nova fund management; Marc Profitlich, ProfitlichSchmidlin. Foto: Lutz Sternstein.
DAS INVESTMENT: Die US-Notenbank hat den Leitzins erhöht. Wie geht’s jetzt weiter mit dem Zins und den Märkten?

Jörg Scholl: Wir rechnen in der Folgezeit mit geringfügigen Leitzinserhöhungen, mehr oder weniger aus optischen Gründen. Das hat die Fed auch so angekündigt. Und wir haben schon vor der Zinsanhebung nicht an stark negative Zinsen geglaubt. Wenn in Deutschland 60 Prozent der Staatsanleihen im Negativzinsbereich sind, mag das der eine oder andere für eine etwas freche Behauptung halten – aber wir konnten und können uns nicht vorstellen, dass hier insbesondere die deutschen Renditen noch weiter in den negativen Bereich fallen werden. Man muss zudem gewisse Verwerfungen im Öl- und Rohstoffumfeld mit einkalkulieren, die momentan die Inflation künstlich niedrig halten.

Carl Otto Schill: Ich bin ein Anhänger der Theorie der Great Rotation. 50 Jahre war die Anleiherendite höher als die Dividendenrendite. Das hat sich seit zwei, drei Jahren gedreht, auf längere Sicht werden die Zinsen niedrig bleiben. Klar ist, dass eine ganze Reihe von anleihebasierten Geschäftsmodellen, etwa Versicherungen, damit zunehmend Probleme bekommen.

Marc Profitlich: Eigentlich ist ja weniger die Frage, wo die Zinsen hingehen, sondern eher, wie wir mit der Zinssensitivität umgehen – denn diese kann schnell mal ein Stück der Rendite kaputtmachen. Darum ziehen wir bei ProfitlichSchmidlin die Rendite aus Sondersituationen und versuchen, die Zinssensitivität im Portfolio so gering wie möglich zu halten. Selbst im Sub-Investmentgrade-Bereich muss man ja teilweise in längere Laufzeiten gehen, um überhaupt die laufenden Kosten wieder hereinzuholen. Die geringe Zinssensitivität unseres Portfolios konnte man insbesondere im zweiten Quartal sehr gut erkennen.

Der Aktienmarkt hat sehr von den niedrigen Zinsen profitiert. Mancher meint, dass er bereits vorm Kippen stehen könnte. Hören Sie bereits wieder die ersten Aktientipps von Taxifahrern?


Hendrik Leber: Nein, das dauert noch drei Jahre. Aber Scherz beiseite: Wir merken schon, dass das Aktieninteresse wiederkommt. Interessant sind die Mini-Indikatoren, also die anekdotischen. Manchmal denke ich, wir sind wieder im Jahr 1999: Es mehren sich die Start-ups, die Digital-Initiativen, die Internet-Geschichten. Ähnlich sieht es bei den Mergers and Acquisitions aus, die ein klassischer Frühindikator sind. Nehmen Sie etwa die Pfizer-Allergan-Übernahme. Aber einen exzessiven Punkt haben wir hier noch lange nicht erreicht.

Oliver Kämmerer:
Mit der Leitzinserhöhung in den USA haben wir die Nullprozentzinspolitik verlassen. Das heißt, Anleger können sich auf jeden Fall auf unruhigere Zeiten einstellen. Was uns zudem beschäftigt, ist die Tatsache des starken US-Dollars: Der Healthcare-Bereich etwa ist stark US-lastig. Wir werden hier einige Rücksetzer sehen. Aber Unternehmen, die als Global Player wirklich breit aufgestellt sind, werden von der Marktkorrektur relativ wenig beeinflusst werden.

Wilhelm Berghorn:
Auch wir rechnen mit einer stärkeren Volatilität in den Märkten. Und der CAPE Index von Professor Shiller zeigt: Die Unternehmensbewertungen sind teils so hoch, wie sie 1929 und 2008 waren. Eine Aktie wie Amazon hat gegenwärtig ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von über 300. Ob dies noch eine faire Bewertung ist, weiß man leider erst in der Rückschau. Deswegen ist unser marktneutraler Ansatz für unsere Investoren so interessant. Dieser verschafft einen gewissen Schutz gegenüber Marktkorrekturen.

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