LinkedIn DAS INVESTMENT
Suche
Lesedauer: 4 Minuten

Hüfners Wochenkommentar Überraschungen in der Lohnpolitik

Seite 2 / 2


Auch aus struktureller Perspektive sind die höheren Löhne erwünscht. Sie führen dazu, dass die Exportlastigkeit der deutschen Wirtschaft abgebaut wird. Wenn
im Inland mehr Güter und Dienste nachgefragt werden, muss nicht mehr so viel gegen im Zweifel ungewisse Geldforderungen ans Ausland geliefert werden. Den Partnern im Euroraum geht es besser, wenn Deutschland nicht so viel exportiert. Der Leistungsbilanzüberschuss, der im letzten Jahr 7,4 Prozent des BIP betrug (6 Prozent hält die EU-Kommission noch für erträglich), geht zurück.

Schließlich bedeuten die höheren Löhne, dass die wirtschaftliche Erholung nicht nur den besser Verdienenden in der Gesellschaft zugute kommt, sondern auch der breiten Masse der Bevölkerung. Die Lohnquote, das heißt der Anteil der Arbeitnehmer am Volkseinkommen, die seit dem Jahr 2000 zurückgegangen ist, steigt wieder. Das ist wichtig, nachdem das Thema Gerechtigkeit in letzter Zeit zunehmend wichtiger geworden ist.

International wird Deutschland für die hohen Lohnsteigerungen beneidet. In den USA, wo Wachstum und Produktivität sehr viel stärker steigen, erhöhen sich die Löhne und Gehälter in der privaten Wirtschaft gerade mal um nominell 2,3 Prozent. Real sind das weniger als 2 Prozent.

Der private Konsum muss dort vielfach durch Konsumentenkredite finanziert werden. In Japan liegt das Plus bei 0,4 Prozent. Real ist das ein Minus. Das ist einer der Gründe, weshalb die Konjunktur in Fernost so schleppend in Gang kommt.

Die positive Bewertung hoher Lohnsteigerungen ist freilich kein Freibrief für die Zukunft. Die Welt befindet sich derzeit in einer Ausnahmesituation. Da müssen auch besondere Maßnahmen möglich sein. Wenn sich die Verhältnisse wieder normalisieren, wird manches anders aussehen. In jedem Fall muss dann neu nachgedacht werden.

Für den Anleger

Der hohe Zuwachs der Reallöhne zeigt, dass es der Wirtschaft wieder besser geht. Das passt zu dem stürmischen Aufschwung des deutschen Aktienmarkts in den letzten Monaten und wird ihn weiter stützen. Von hier wird es kein Störfeuer geben. Allerdings gibt es, wie alle wissen, andere Risikofaktoren. Für den Rentenmarkt sind die Lohnerhöhungen nicht gut. Die Renditen müssten steigen. Dass dies bislang nicht der Fall ist, liegt natürlich an den Wertpapierkäufen der EZB.

Wie hat Ihnen der Artikel gefallen?

Danke für Ihre Bewertung
Leser bewerteten diesen Artikel durchschnittlich mit 0 Sternen
Tipps der Redaktion