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Interview mit dem Edelmetall-Experten Alfred Grusch „Von Silber werden wir in Zukunft noch einiges hören“

Alfred Grusch, Fondsmanager des Amundi Gold Stock

Herr Grusch, die Preise von physischem Gold und die Kurse von Goldminenaktien haben sich in den vergangenen Monaten gut entwickelt: Sollten Anleger jetzt einsteigen oder auf einen größeren Rücksetzer warten?

Alfred Grusch: Sehen wir uns den Goldpreis-Chart in Euro an, fällt auf: Der Preis pro Feinunze schiebt sich seit Mai dieses Jahres an die 1.370er und 1.380er Marke der vergangenen Jahre heran. Das entspricht den historischen Höchstständen aus den Jahren 2010 bis 2012. Wer in der Eurozone und den Schwellenmärkten in den vergangenen Jahren und Monaten Gold hielt, kann sich über eine sehr ordentliche Rendite freuen.

Bis zum heutigen Tag ist es mir in den vergangenen Jahrzehnten gelungen, Goldpreisprognosen zu vermeiden, weil diese angesichts der international gehorteten Goldbestände nicht zielführend sind. Gold ist einerseits Währung beziehungsweise ein Währungssurrogat und andererseits eine Investmentalternative, die immer dann ins Spiel kommt, wenn sich die Realzinsen an der Nullmarke bewegen oder negativ werden. In dieser Lage befinden wir uns derzeit durch die Geldpolitik der Notenbanken.

Welche Faktoren könnten den Goldpreis derzeit weiter befeuern?

Grusch: Ich bin ein großer Gegner der derzeitigen Notenbankpolitik, weil ich davon überzeugt bin, dass die jeweiligen Führungsgremien falsche Akzente setzen. Ich halte das jetzige Zinsniveau angesichts der bis vor kurzem soliden wirtschaftlichen Entwicklung schlicht und ergreifend für den falschen Weg. Durch die Geldpolitik wird einem großen Teil der Bevölkerung ein Teil ihres Einkommens geraubt. Die Politik enteignet die Bürger zu einem gewissen Grad und wundert sich, warum Wirtschaftswachstum und Inflation schwächeln.

Die Exzesse von Politik und Geldpolitik müssen wir in den nächsten Jahren ausbaden. In diesem Szenario könnte Gold weiter zulegen.

Jüngst hat die US-Notenbank eine überraschende Wende auf dem Zinspfad hingelegt. Wie lange könnte diese neuerliche Abwärtstendenz bei den Zinsen anhalten?

Grusch: Die US-Notenbank ist eine jener Notenbanken, die so getan hat, als wäre der Konjunkturzyklus, in dem wir seit der Finanzkrise stehen, ein normaler Zyklus – was er nicht ist. Die US-Notenbank wird wohl den jetzt entstandenen Spielraum vor den US-Wahlen am 3. November 2020 voll ausschöpfen, weil der politische Druck auf die Fed bis dahin sehr groß werden wird.

Wie sehen Sie die Risiken auf der Unterseite des Goldpreises?

Grusch: Bei dem Porzellan, das im Zuge des Handelskonflikts bisher zerschlagen wurde, kann ich mir nicht vorstellen, dass sich die Lage mit einem Schalterklick wieder aufhellt. Jetzt zu erwarten, dass mit einem Telefonat oder einem Tweet die Situation wieder gelöst wird, ist nicht vorstellbar.

Anleger sollten aber dennoch vorsichtig bleiben bei ihren Goldinvestments?

Grusch: Jedes Instrument und jede Assetklasse, die sich durch exzessive Schwankungsbreiten auszeichnen, etwa Aktieninvestments in Edelmetalle, lassen sich mit regelmäßigem Ansparen gut beherrschen.

In den vergangenen 25 Jahren haben wir mehrmals Situationen erlebt, in denen sich Edelmetallaktien verdoppelt oder teilweise sogar vervielfacht haben, bei gleichzeitigem Rückgang der etablierten Aktienindizes. Wenn Anleger also zu Beginn dieser Goldpreisanstiege mit Edelmetall-Gewichtungen von 3 bis 4 Prozent im Portfolio dabei waren, wiesen viele Anlegerdepots am Ende der Preisanstiege zweistellige prozentuale Gewichtungen mit Minengesellschaften auf, ein Niveau mit dem ich mich nicht mehr wohlfühlen würde.