LinkedIn DAS INVESTMENT
Suche
Lesedauer: 4 Minuten

Jupiter-Fondsmanager Rhys Petheram „Das vorgeschlagene EU-Ökolabel misst Aktien- und Rentenfonds mit zweierlei Maß“

Windräder: Die EU-Kommission hat im Dezember den Entwurf eines zukünftigen Ökolabels für Investmentfonds vorgelegt.
Windräder: Die EU-Kommission hat im Dezember den Entwurf eines zukünftigen Ökolabels für Investmentfonds vorgelegt. | Foto: Pexels
Rhys Petheram
Foto: Jupiter AM

Der jüngste Entwurf eines EU-Ökolabels für die Fondsbranche weist große Unterschiede bei den Vergabekriterien für Aktien- und Anleihefonds auf. Während die Europäische Union (EU) die Kriterien für Aktienfonds gelockert hat, ist ihr Fokus auf grüne Anleihen als vorrangiges Instrument im Fixed-Income-Bereich zu eng gefasst. Dies birgt zudem das Risiko nachteiliger Verzerrungen bei der Kapitalallokation, was wiederum mit der Zeit die Ziele der Initiative untergraben könnte.

Die für die Vergabekriterien des EU-Umweltzeichens verantwortliche Technische Expertengruppe (TEG) schlägt vor, dass Anleihefonds mindestens 70 Prozent ihrer Vermögenswerte in als „grün“ gekennzeichnete Anleihen investieren müssen, um sich für das Umweltzeichen zu qualifizieren. Dadurch besteht die Gefahr, dass Anleihen zahlreicher Unternehmen, die nachhaltige Lösungen anbieten, aber nicht als „grün“ gekennzeichnet sind, außer Acht gelassen werden – selbst wenn die als „grün“ gekennzeichneten Anleihen von weniger umweltfreundlichen Unternehmen oder jenen ausgegeben wurden, die Kapital für bereits bestehende oder sogenannte Business-as-usual-Projekte beschaffen.

Anleihen könnten durchs Raster fallen

1.200% Rendite in 20 Jahren?

Die besten ETFs und Fonds, aktuelle News und exklusive Personalien erhalten Sie in unserem Newsletter „DAS INVESTMENT Daily“. Kostenlos und direkt in Ihr Postfach.

Wir befürchten, dass durch den ausschließlichen Fokus auf als „grün“ gekennzeichnete Anleihen wichtige Investitionen in eine breitere Masse von Anleihen ausbleiben könnten, die von Unternehmen ausgegeben werden, deren Produkte und Dienstleistungen von Hause aus bereits ausschließlich grüne Projekte umfassen. Gemäß dem derzeitigen Vorschlag der TEG könnten viele dieser von Hause aus grünen Unternehmen potenzielle Vorteile verpassen, darunter auch finanzielle und preisliche Anreize.

Es gilt zu beachten, dass grüne Anleihen in der Regel nicht direkt zur Umsetzung neuer (oder zusätzlicher) grüner Projekte führen. Statt zusätzlicher Projektfinanzierung stellen diese Anleihen Mittel für Unternehmen bereit, die die Finanzierung grüner Projekte in der Zukunft zugesagt haben oder – wie es häufiger der Fall ist – eine solche Finanzierung in der Vergangenheit vorgenommen haben.

Die beliebige Einsetzbarkeit liquider Mittel kombiniert mit der mangelnden Bereitschaft für künftige Zusatzausgaben hat zur Folge, dass sich die tatsächliche Wirkung von gekennzeichneten und nicht gekennzeichneten Anleihen nur wenig unterscheidet. Der Mangel an solchen Zusatzausgaben am Markt für grüne Anleihen bereitet uns schon seit Längerem Sorgen. Wir berücksichtigen daher eine Reihe zusätzlicher Kriterien in unserem Auswahlprozess für grüne Anleihen, um Anleihen von Emittenten ausschließen zu können, die einen höheren Wert auf ihr Reputationsmanagement als auf die breitere Wirkung ihrer Waren und Dienstleistungen legen.