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Langzeitfolgen von Covid-19 Die Neuerfindung des Wohlfahrtsstaats wird nicht billig sein

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Starke Regierungen

Der Einfluss der Staaten in wirtschaftlichen Angelegenheiten, der bereits in den Jahren nach der Finanzkrise gewachsen war, wird weiter zunehmen. Der Staat dürfte infolge seiner Stützungsmaßnahmen für strategisch wichtige Industrien, die durch das Corona-Virus schwer in Mitleidenschaft gezogen wurden, am Ende große Anteile an einer Vielzahl von Unternehmen halten.

In der Finanzkrise beschränkten sich die staatlichen Übernahmen von in Schwierigkeiten geratenen Unternehmen auf den Finanzsektor. Nach dem Covid-19-Schock könnte die staatliche Intervention ein ganz anderes Ausmaß annehmen. Weitreichende Verstaatlichungen können nicht ausgeschlossen werden. Fluggesellschaften, Autohersteller, Stahlhersteller, Halbleiterunternehmen, Lebensmittelproduzenten und Medizintechnik-Hersteller gehören zu den Unternehmen, die von den Regierungen heute als strategisch wichtig angesehen werden und daher für staatliche Eingriffe der einen oder anderen Art in Frage kommen. Es besteht allerdings die Gefahr, dass Innovationen erstickt werden und Kapital fehlallokiert wird, wenn die Regierungen am Ende zu langfristigen Aktionären werden.

Die Regierungen werden zukünftig auch einen größeren Anteil an den Unternehmensgewinnen vereinnahmen wollen. Die Neuerfindung des Wohlfahrtsstaates wird nicht billig sein. Neben einer erhöhten Kreditaufnahme werden Steuern ebenfalls eine Rolle spielen. Weil sowohl die Unternehmenssteuersätze als auch der Anteil der Arbeit am Einkommen in den vergangenen Jahren weltweit stark zurückgegangen sind, sind die Unternehmensgewinne ein leichtes Ziel. Daten von S&P Global zeigen, dass der mittlere effektive Steuersatz für Unternehmen im S&P 500 seit 1990 von 35 Prozent auf unter 20 Prozent gesunken ist. Im gleichen Zeitraum ist der Satz für FTSE100-Unternehmen von etwa 32 Prozent auf 22 Prozent gesunken.

Mit höheren Abgeltungssteuern auf Kapitalgewinne und Vermögenssteuern könnten die Regierungen eine Umverteilung von Kapitalbesitzern zu Arbeitnehmern bewirken.

Technokraten verdrängen Populisten

Ein stärkerer Staat ist zwar unvermeidlich, aber es ist nicht klar, welche Art von Regierung den Übergang bewerkstelligen könnte. Möglicherweise werden die Wähler den Populismus meiden, weil populistische Führer im Umgang mit der Pandemie eine schlechte Figur abgegeben haben. Experten wissenschaftlicher und medizinischer Einrichtungen hingegen wurden für ihre Zielstrebigkeit und ihre Unabhängigkeit gelobt.

Es gibt daher Anzeichen, dass die Politik vor einer neuen Ära stehen könnte, in der die politische Entscheidungsfindung Technokraten anvertraut wird und nicht denen, die vermeintlich einfache Lösungen anbieten.