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Pro & Contra US-Aktien: Trumpf-Investment oder amerikanischer Albtraum?

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Contra: Johannes Hirsch, Manager des Antea-Fonds

Johannes Hirsch

„In Trumponomics stecken viele Fragezeichen“

Über die Zuordnung eines Unternehmens zu einem Land lässt sich in unserer globalisierten Welt trefflich diskutieren. Zumeist erfolgt sie entsprechend dem Unternehmenssitz. Dabei spielt also beispielsweise keine Rolle, dass Nestlé weniger als 2 Prozent seines Umsatzes in der Schweiz tätigt oder dass die Deutsche Börse nur zu circa 15 Prozent deutschen Anteilseignern gehört.

Die Zuordnung anhand des Standortes kommt aus einer Zeit, in der der Aktionsradius von Unternehmen noch deutlich kleiner war. Wenn wir uns jetzt mit US-Aktien beschäftigen, müssen wir die Zeit also zurückdrehen. Das machen der neue Präsident und seine Äußerungen aber durchaus möglich. Demnach will Donald Trump ausschließlich die US-Wirtschaft stimulieren, wovon ausschließlich heimische Unternehmen profitieren sollen. Deren Gewinne und damit deren Aktien sollen steigen – soweit der klare Plan. Aber was bedeutet das konkret?

Viele von Trumps Äußerungen stehen im deutlichen Gegensatz zu denen seiner Minister. In einigen Fällen widerspricht sich der Präsident sogar selbst. Und dann sind da noch seine Äußerungen mit Bezug zu alternativen Fakten, also eher Unwahrheiten, sowie die Absichtserklärung für ein Einreiseverbot, deren Umsetzung schließlich juristisch gestoppt wurde.

Generell stellt sich die Frage, ob Aussagen von Donald Trump zukünftig eine gesicherte Basis für Handlungen darstellen. Es gibt Menschen, die komplexe Zusammenhänge in einfachen Worten erklären können. Andere hingegen freuen sich über ein Limit von 140 Zeichen, da dann eine differenzierte Betrachtung und ein volles Verständnis überhaupt nicht zum Ausdruck kommen können und so eigene Mängel verdeckt werden. Bei Donald Trump warten wir noch auf ein Zeichen, nicht zur zweiten Gruppe zu gehören.

Entsprechend vorsichtig sollte mit dem angekündigten großen Infrastrukturprogramm umgegangen werden. Maßnahmen dieser Größenordnung haben in der Regel einen längeren Vorlauf, ein Start innerhalb der nächsten Monate wäre schon sehr ehrgeizig. Es bleibt insgesamt fraglich, ob wir hier überhaupt irgendwelche Auswirkungen in diesem Jahr oder doch erst ab 2018 erleben.

Ungewiss ist auch, ob die erhofften Effekte am Arbeitsmarkt tatsächlich eintreten werden. Selbst wenn qualifizierte Arbeitskräfte aus unqualifizierten Tätigkeiten herauskommen, wer übernimmt dann diese? Ein bloßes Vertrauen auf einen Wiederanstieg der Partizipationsrate bei den Arbeitskräften reicht nicht aus. Aber selbst wenn alles klappt, wird dieser Effekt wohl noch etwas dauern.

Hingegen sind bereits jetzt die Zinsen und der Dollar gestiegen. Das wirkt erst einmal negativ. Müssen wir uns also anstatt auf einen Auf- vielmehr zunächst auf einen Abschwung einstellen? Der Dollar-Wechselkurs ist übrigens in seiner seit zwei Jahren bestehenden Bandbreite zwischen 1,05 und 1,15 gegenüber dem Euro geblieben. Und dies trotz der großen Einigkeit über einen Dollar-Anstieg. Offenbar besteht am Devisenmarkt eine differenziertere Sichtweise.

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Offen ist auch der Erfolg der geplanten phänomenalen Steuerreform. Wenn niedrige Steuersätze bei der Rückholung von im Ausland lagernden Beträgen an Auflagen für Investitionen gekoppelt würden, entstünde tatsächlich ein Stimulus für die Konjunktur. Allerdings spekuliert die Börse derzeit auf Aktienrückkäufe amerikanischer Unternehmen. Sollten diese wider Erwarten doch nicht erfolgen, wäre die Enttäuschung programmiert. Zudem bewegen sich viele US-Unternehmen in der globalisierten Welt. Sie müssen somit selbst importieren und wären von Vergeltungsmaßnahmen anderer Länder betroffen. Das wäre selbst bei einem Erfolg der Trump-Maßnahmen negativ für die aus den großen Unternehmen bestehenden Indizes.

Ich möchte niemanden ermutigen, auf sinkende Kurse bei US-Aktien zu spekulieren. Vielmehr möchte ich lediglich die unsichere Basis für die laufende Rally verdeutlichen. Vielleicht kommt aber auch alles ganz anders, weil Donald Trump sein Ego durch das Präsidenten-Amt ausreichend gefüttert hat, sich nicht mehr mit all dessen Widrigkeiten auseinandersetzen will und seine erreichte Popularität nicht gefährden möchte. Bekommt so die Gruppe von Yanis Varoufakis und Nigel Farage prominenten Zuwachs?

Schaut man nicht nur auf die Vereinigten Staaten, sondern auf die globale Wirtschaft als Ganzes, sehen derzeit viele konjunkturelle Frühindikatoren durchaus positiv aus. Sogar in vielen Ländern, die von der America-First-Politik negativ betroffen wären. Anleger sind deshalb gut beraten, auch Aktien anderer Länder und andere Anlageklassen zu berücksichtigen.

Aktuelle Hintergrundartikel zum Thema:

 Finanzmärkte ignorieren das 6-Billionen-Dollar-Risiko (Welt Online vom 16. Februar 2017)

 Goldman Sachs: Zurück an den Hebeln der Macht (Kurier Online vom 15.Februar 2017)

Trump muss in Amtszeit mit Abschwung rechnen (NZZ Online vom 14. Februar 2017)

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