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Turbulenzen am Bosporus Wie schlimm ist die Krise in der Türkei wirklich?

Von in MärkteLesedauer: 4 Minuten
Danske Invest-Chefstrategin Tine Choi: „Erdoğans Handeln ist eher ein Ausdruck der Ohnmacht, denn ein aussichtsreiches Konzept zur Krisenbewältigung.“
Danske Invest-Chefstrategin Tine Choi: „Erdoğans Handeln ist eher ein Ausdruck der Ohnmacht, denn ein aussichtsreiches Konzept zur Krisenbewältigung.“ | Foto: Danske Invest

„Die Amerikaner haben den Dollar, doch wir haben unseren Gott.“

Diesen Ausspruch tätigte der türkische Präsidenten Recep Erdoğan, als er unlängst versuchte, im Volk seines Landes Optimismus zu verbreiten. Doch selbst den höheren Mächten steht eine schwierige Aufgabe bevor, da die Türkei in eine ernste Schieflage geraten ist, die die türkische Lira in den freien Fall geschickt und negative Stimmung an den globalen Kapitalmärkten verbreitet hat.

Erdoğan hat außerdem seine Landsleute dazu aufgefordert, Gold zu verkaufen und alle privat gehorteten US-Dollarnoten in türkische Lira zu wechseln, um so die lokale Währung zu stützen. Eher ein Ausdruck der Ohnmacht, denn ein aussichtsreiches Konzept zur Krisenbewältigung.

Die Wurzel der Probleme

Die türkische Lira hat im vergangenen Jahr gegenüber dem US-Dollar etwa die Hälfte ihres Wertes verloren. In diesen Tagen verzeichnet sie enorme Schwankungen – nicht nur auf Tagesbasis, sondern stündlich. Dabei zählte das Land in den vergangenen Jahren zu den dynamischsten Volkswirtschaften der Welt, noch 2017 lag das Wachstum bei 7,4 Prozent. Wie konnte es also soweit kommen?

Das beeindruckende Wachstum der Vergangenheit wurde von einer unhaltbaren Wirtschaftspolitik begleitet, die die Anleger nervös gemacht hat. Die Konjunktur ist einfach überhitzt, angetrieben von einer expansiven Finanzpolitik und der Aufnahme von viel zu hohen Krediten im Ausland.

Die Verbindlichkeiten der Türkei in ausländischen Devisen belaufen sich nach Schätzungen des Internationalen Währungsfonds auf über 50 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, was ein hoher Schuldengrad ist. Darüber hinaus wird es immer teurer, die Zinsen und Tilgungen zu bedienen, je weiter der Kurs der türkischen Lira fällt. Damit steckt das Land wirtschaftlich in einem Teufelskreis.

Erdoğans Macht verschärft die Krise

Der fallende Wechselkurs hat eine galoppierende Inflation zur Folge, da die schwächere Lira den Import von Waren aus dem Ausland verteuert. Im Juli betrug die Inflation 16 Prozent, was weit über dem Inflationsziel der türkischen Zentralbank von 5 Prozent liegt.Normalerweise nutzen Zentralbanken Zinserhöhungen als Werkzeug zur Eindämmung von Inflation, doch das kollidiert mit einer der anderen Ursachen für die Krise in der Türkei.

Präsident Erdoğan hat immer mehr Macht erhalten und umgibt sich nicht unbedingt mit den besten Wirtschaftsberatern. Anstelle von Mehmet Simsek, der von den Finanzmärkten respektiert wurde, hat er jüngst seinen Schwiegersohn zum Finanzminister berufen. Auch die Zentralbank darf nicht unabhängig arbeiten und eine Geldpolitik verfolgen, mit der die Anleger beruhigt werden. Denn Erdoğan hat erklärt, dass er niedrige Zinsen bevorzugt, um das Wachstum weiter anzukurbeln.

Als ob das noch nicht genug wäre, ist die Regierung mit den USA aneinander geraten, weil die Türkei den US-Pastor Andrew Brunson zurückhält. Laut Ankara soll er am misslungenen Militärputsch in der Türkei im Jahr 2016 beteiligt gewesen sein.

Die USA fordern eine sofortige Freilassung, was die Türkei ablehnt. Die Folge: der politische Konflikt ist auf höchstem Niveau eskaliert. Donald Trump droht mit Sanktionen und Strafzöllen auf türkische Waren, wenn sich die Türken nicht fügen – und das ist das Gegenteil von dem, was das Land momentan gebrauchen kann.

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