Volkswirt Klaus Bauknecht
So erhöhen Politiker die Risikobereitschaft von Unternehmern
Klaus Bauknecht arbeitet als Volkswirt bei der IKB Deutsche Industriebank. Foto: IKB Deutsche Industriebank
Um die aktuelle Konjunkturkrise abzufedern, greift die öffentliche Hand der Wirtschaft stark unter die Arme. Je länger der Staat jedoch Finanzspritzen gewährt, desto schleppender kommt die Erholung in Gang. Es braucht nicht nur Schutzmechanismen, sondern auch Anpassungsprozesse, ist IKB-Chefvolkswirt Klaus Bauknecht überzeugt.
Mit jeder bevorstehenden Rezession kommt die Frage auf: Wie stark werden die Unternehmensinsolvenzen zunehmen? Banken beurteilen dementsprechend ihr Kreditbuch und passen ihre Margen-Anforderungen an. Dies erschwert wiederum die Rahmenbedingungen für Unternehmen. Doch dieser normale Prozess wurde während der letzten konjunkturellen Abschwünge durch den Staat erfolgreich verhindert. Denn er rettete nicht nur systemrelevante Unternehmen und Banken mit Hilfe direkter Staatsbeteiligungen, sondern ging grundsätzlich nach dem Gießkannenprinzip vor. Die Liquiditätsbereitstellung durch den Staat hat dabei ein solches Ausmaß angenommen, dass viele Programme nicht mal vollständig genutzt wurden.
Wann...
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
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Mit jeder bevorstehenden Rezession kommt die Frage auf: Wie stark werden die Unternehmensinsolvenzen zunehmen? Banken beurteilen dementsprechend ihr Kreditbuch und passen ihre Margen-Anforderungen an. Dies erschwert wiederum die Rahmenbedingungen für Unternehmen. Doch dieser normale Prozess wurde während der letzten konjunkturellen Abschwünge durch den Staat erfolgreich verhindert. Denn er rettete nicht nur systemrelevante Unternehmen und Banken mit Hilfe direkter Staatsbeteiligungen, sondern ging grundsätzlich nach dem Gießkannenprinzip vor. Die Liquiditätsbereitstellung durch den Staat hat dabei ein solches Ausmaß angenommen, dass viele Programme nicht mal vollständig genutzt wurden.
Wann immer in den letzten Jahren herausfordernde wirtschaftliche Umstände oder einzelne Events als Krise bezeichnet werden konnten, war die Handlungsbereitschaft der Fiskal- und Geldpolitik fast grenzenlos. So entstanden Namen wie Finanz-, Euro-, Corona- oder Energiekrise, die als einmaliger Schock beziehungsweise Sonderentwicklung angesehen wurden, und deren Folgen es galt abzumildern. Nun mögen diese Krisen tatsächlich bedeutender gewesen sein als ein konventioneller konjunktureller Abschwung. Doch diese vier Krisen in lediglich 13 Jahren haben die Selbstverständlichkeit fiskalischer und geldpolitischer Hilfe erhöht. Auch deutet die hohe Zahl der Krisen auf eine neue Normalität hin, die eher von erhöhter Volatilität als von anhaltender Stabilität geprägt ist. Unternehmen immer wieder zu schützen, scheint in den letzten Jahren allerdings eine irreale Realität gefördert zu haben. Denn wenn Volatilität die neue Norm ist, darf ein Staat den Privatsektor nicht davon isolieren.
Staat fängt Unternehmen auf
Grundsätzlich ist eine fiskalische Nachfrageunterstützung in Rezessionszeiten seit Keynes akzeptierte Politik. Was jedoch seit der Finanzkrise verstärkt hinzugekommen ist, ist die staatliche Einmischung auf der Angebotsseite. Unternehmen sollen in Folge abrupter Änderungen der Rahmenbedingungen nicht mehr Pleite gehen. Zweitrangig scheint hingegen das Argument zu sein, dass der Staat durch sein Rundum-Sorglos-Paket die Risikobereitschaft bei Unternehmen erhöht. Denn der Staat wird sie ja im Zweifel wieder auffangen. Der kurzfristige Erfolg dieser Politik ist dennoch beeindruckend. Schließich konnte die Wirtschaft zum Beispiel nach der Corona-Pandemie eine V-förmige Erholung aufweisen.
Unternehmen wurden jahrelang durch niedrige Zinsen sowie gezielte staatliche Rettungsmaßnahmen vor schwierigen Rahmenbedingungen geschützt. Deshalb blieben die Insolvenzraten niedrig – auch in Krisenzeiten und zur Überraschung der meisten Prognostiker. Allerdings hat das die Resilienz des deutschen Wirtschaftsstandorts geschwächt. Die diskutierte Zunahme von Zombie-Firmen ist hierfür ebenso ein Indiz wie laute Rufe nach Staatshilfen bereits bei ersten Krisenanzeichen. Eine weiter abnehmende Resilienz würde allerdings bedeuten: Bei schwierigen konjunkturellen Rahmenbedingungen dürfte die Insolvenzquoten deutlich ansteigen, wenn Fiskal- und Geldpolitik ihre Beschützerrolle nicht mehr aufrechterhalten können, etwa im Falle einer längeren Rezession. Denn steigende Zinsen und eine anhaltende Konjunkturschwäche sind entscheidende Treiber von Insolvenzen. In Kombination mit einer sinkenden Resilienz birgt dies aktuell die Gefahr eines zunehmenden systematischem Ausfallrisikos bei Unternehmen.
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