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Versicherungen Pflegeversicherung: Alles auf Anfang

Ein Jahr lang lebt die an einer schweren Demenz leidende Irmgard aus Inning am Ammersee in einem Pflegeheim. Doch diese Zeit ist nun vorbei. Ehemann Werner G. hat sich dazu entschieden, seine 79-jährige Ehefrau zu Hause zu pflegen. Warum? „Weil uns die Kosten ruiniert hätten“, sagt der 77-Jährige dem Reporter der „TZ München“. Seine Gattin hat die Pflegestufe II, als sie im Heim gepflegt wird. Dafür gibt es vom Staat einen Pflegezuschuss von 1.298 Euro im Monat.

Die Kosten für das Heim liegen aber bei 3.400 Euro – es bleibt also ein Eigenanteil von rund 2.100 Euro. „Das war fast die ganze Rente“, sagt Werner G. „Um überhaupt leben zu können, schrumpfte unser Erspartes immer mehr zusammen.“ Er muss die Reißleine ziehen. Nun kümmert sich Werner G. mithilfe einer Tagespflege um seine Frau Irmgard. „Irgendwie schaffen wir das schon“, erzählt er dem Reporter tapfer.

Es sind Schicksale wie diese, die die Reform des gesetzlichen Pflegesystems im Deutschland lindern soll. Zum 1. Januar 2017 hat die Politik das zweite Pflegestärkungsgesetz scharf geschaltet – und das hat so ziemlich alles geändert. Vor allem gibt es seitdem einen neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff, der körperliche Beeinträchtigungen, aber viel stärker als früher auch kognitive und psychische Schwächen der Pflegebedürftigen berücksichtigt.

So bewerten die Gutachter 

Die Gutachter des Medizinischen Dienstes bewerten nun anhand der sechs Bereiche Selbstversorgung, Umgang mit krankheitsbedingten Lasten, Gestaltung des Alltags, Mobilität, Kognitive Fähigkeiten sowie Verhaltensweisen, wie gut Betroffene im Alltag noch allein klarkommen. Für jeden Bereich gibt es Punkte, mittels derer die Gutachter die Pflegebedürftigen in einen von fünf Pflegegraden einordnen – auch das ist neu, vorher gab es drei Pflegestufen.

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„Mit der Pflegereform ist die Unterstützung für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen mit zusätzlich rund 5 Milliarden Euro pro Jahr verbessert worden. Durch die Pflegestärkungsgesetze wurden die Leistungen der Pflegeversicherung um mehr als 20 Prozent erhöht“, heißt es auf der Internetseite des Bundesgesundheits-ministeriums. Und auch Demenzkranke hätten nun einen gleichberechtigten Zugang zu allen Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung.

Bald 3 Millionen Demenzkranke

„Ein richtiger Schritt“, sagt Eric Bussert, Vertriebsvorstand des Hamburger Versicherers Hanse-Merkur. „Denn in Deutschland leben gegenwärtig schon fast 1,6 Millionen Demenzkranke.“ Tendenz steigend: Jahr für Jahr treten rund 300.000 Neuerkrankungen auf, berichtet die Deutsche Alzheimer Gesellschaft. Bussert: „Die Krankenzahl wird bis zum Jahr 2050 voraussichtlich auf rund 3 Millionen steigen.

“Die ersten Auswirkungen der Reform spüren derzeit vor allem die Beitragszahler – der Beitragssatz zur Pflegeversicherung ist zum Jahresbeginn um 0,2 Prozentpunkte auf 2,55 Prozent des Bruttoeinkommens geklettert, Kinderlose müssen 2,80 Prozent abführen – und die Krankenkassen.

„Wir hatten im Januar 2017 einen Anstieg der Anträge auf Pflegeleistungen um ein Drittel im Vorjahresvergleich“, so der Bunddesgeschäftsführer des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen, Peter Pick, gegenüber der „Augsburger Allgemeinen“. Bisher lag das Plus eher bei 5 Prozent. Insgesamt rechnet die Bundesregierung damit, dass durch diese Reform rund 500.000 Menschen zusätzlich Anspruch auf Pflegeleistungen erhalten.

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