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Gerd Kommer und Felix Großmann Wertpapierleihe bei ETFs – ist sie gefährlich?

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Wenn er das tut, dann wäre der „WPL-Verteilungsmodus“ in Isolation möglicherweise ein irreführendes Entscheidungskriterium. Im Ergebnis kann Y jedenfalls der für Anleger besser rentierende ETF sein, obwohl bei ihm ein kleinerer Teil der WPL-Erlöse auf direktem Wege den Anlegern zugute kommt.

In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass die „Laufenden Kosten“ (der Total Expense Ratio/TER) eines ETFs etwaige kostensenkende Einnahmen aus WPL aufsichtsrechtlich nicht berücksichtigen dürfen, was den Sachverhalt weiter verkompliziert.

Ergo: Anleger sind schlecht beraten, wenn sie die Aufteilungsquote bei der WPL als ETF-Auswahlkriterium verwenden.

Nun zum Risiko aus WPL. Aus der Sicht eines Privatanlegers in einem ETF könnte es dann zu einem Schaden durch WPL-Geschäfte für einen ETF kommen, wenn folgende drei Risiken sich gleichzeitig materialisieren:

  1. Innerhalb eines einzelnen Tages entwickeln sich die Marktwerte der Leihsache und der Sicherheiten so, dass die Übersicherungsquote (siehe Ziffer 1) unterschritten wird. Statistisch ist dieser Fall eher selten. Dies geschieht in den allermeisten Fällen nur dann, wenn der Wert der Leihsache am betreffenden Tag stark steigt.
  2. Es kommt innerhalb eines Tages zu einem Absinken der Loan to Value-Quote unter 100 Prozent und der Leihnehmer ist wirtschaftlich am Ende dieses einen Tages nicht fähig, die Differenz aus seinen allgemeinen wirtschaftlichen Ressourcen auszugleichen (Nachbesicherung). Dieses Unvermögen ist unwahrscheinlich, da der Leihgeber vor Einstieg in das WPL-Geschäft den Leihnehmer einer Bonitätsprüfung unterzieht, und weil WPL-Geschäfte generell sehr kurze Laufzeiten haben.
  3. Der ETF-Provider ist nicht freiwillig bereit und in der Lage in einem Schadensfall einzuspringen, der trotz der spezifischen Sicherheiten und trotz des Zugriffs auf die allgemeinen Vermögenswerte des Leihnehmers entstanden ist. Dass er das freiwillig tun würde, ist deswegen anzunehmen, weil der langfristige Reputationsschaden aus einer Verweigerung den kurzfristigen wirtschaftlichen Nutzen der Verweigerung überstiege. Tatsächlich haben einige ETF-Provider begrenzte Zusagen dafür abgegeben, in solchen Fällen einzuspringen (zu zahlen), obwohl sie aufsichtsrechtlich nicht dazu verpflichtet wären.

Dass diese Argumente zur Erklärung des sehr geringen Risikos von WPL nicht nur graue Theorie sind, wird nachfolgend in Ziffer 5 verdeutlicht.

Die Historie von Wertpapierleihe

WPL in der modernen, hier beschriebenen Form existiert seit über 50 Jahren. In dieser langen Zeit wurde der WPL-Prozess immer effizienter und robuster gemacht und seine staatliche Regulierung in den großen Kapitalmärkten der Welt immer granularer, moderner und schärfer. 

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