LinkedIn DAS INVESTMENT
Suche
Aktualisiert am 03.01.2013 - 10:10 UhrLesedauer: 6 Minuten

„Anleger sollten sich nicht auf kurzfristige Risiken und politische Ereignisse konzentrieren“

Seite 3 / 3





Während die Aussicht für Staatsanleihen übel scheint, halten viele Anleger, insbesondere die institutionellen, an ihren jetzt wenig ertragreichen Anleihen fest, die ihnen jahrzehntelang gut gedient haben. Gibt es noch Hoffnung für sie?

Milligan:
Die Aussichten für die wichtigsten Staatsanleihen, etwa von Deutschland, sind sehr gering. In nominellen Werten wird ihr Ertrag bescheiden sein, wobei die Erträge inflationsbereinigt sogar negativ ausfallen können. Eine Mischung aus Zuflüssen in sogenannte sichere Häfen, 3 Zinsreduzierungsprogrammen des Staates, einer Regulierung der Versicherungs- und Pensionspläne und monetärer Lockerung durch die Zentralbanken haben zusammen die Preise für Anleihen auf historische Höhen gebracht.

Die Frage für Anleger ist: Wie viel Risiko möchten sie eingehen, wenn sie nach ertragreicheren Anleihen in anderen Märkten suchen, also Anleihen aus den europäischen Peripheriestaaten, Anleihen aus Schwellenländern oder Unternehmensanleihen? Im Moment bevorzugt die House View hochverzinsliche Unternehmensanleihen in den USA oder Europa. Das kann eine ganze Weile so weitergehen – wir könnten uns in der zweiten Halbzeit befinden, aber wir denken nicht, dass wir bereits in der Schlussphase sind.

Vor ein paar Monaten wurden Sie zitiert, Sie glaubten, dass die deutsche Bundestagswahl im November 2013 noch wichtiger sei als die Präsidentschaftswahl in den USA. Jetzt da Obama wiedergewählt worden ist, glauben Sie das noch immer?

Milligan:
Mit der US-Wahl und dem Machtwechsel in China hinter uns wird die Bundestagswahl im Herbst 2013 ein zentrales Ereignis werden. Die einfache Frage lautet: Welche Partei oder Koalition wird Deutschland führen, Steuern einnehmen oder über Budgets entscheiden?

Die wesentlich wichtigere Frage aber ist: Welche Art von Vision wird Deutschland dann für Europa haben? Wird Europa langsam oder schnell zu einer bundesstaatlichen Eurozone mit einer streng geregelten und aufsichtsrechtlich umfassenden Steuer-, Währungs- und Bankenunion? Wie wird Deutschland Länder wie Polen, Schweden oder Großbritannien behandeln, die einen eher zwischenstaatlichen Ansatz für die EU bevorzugen? Wie stark ist die europäische Bankenunion auf die Eurozone konzentriert, und inwiefern ist sie auf die ganze EU anwendbar? Wann wird Deutschland das Unvermeidliche akzeptieren, dass Griechenland seine enormen Staatsschulden nicht zurückzahlen kann und dass ein Schuldenerlass notwendig ist? Und falls die britische Regierung beschließt, dass ein Referendum ein für alle Mal darüber entscheiden soll, ob das Land Teil der EU bleiben soll: Wie stark wird Deutschland jene britischen Politiker unterstützen, die in der EU bleiben wollen? Deutschland ist die größte und mächtigste Wirtschaftskraft in Europa. Mit Macht kommt auch Verantwortung. Wird Deutschland seine Position zum Wohl der deutschen Bürger und Unternehmen oder der europäischen Bürger und Unternehmen einsetzen?  

Wie hat Ihnen der Artikel gefallen?

Danke für Ihre Bewertung
Leser bewerteten diesen Artikel durchschnittlich mit 0 Sternen
Tipps der Redaktion