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Herausforderungen nehmen zu Safety first bei Renteninvestments

Gut gesichert
Gut gesichert: An der Börse geht es auch mal rasant abwärts. Absicherungsstrategien können helfen, Verluste zu begrenzen. | Foto: Imago Images / Westend61

Die Ukrainekrise und steigende Zinsen sorgten für deutliche Kursrückgänge an den Rentenmärkten. Die Umlaufrendite für Inhaber-Schuldverschreibungen und börsennotierte Bundeswertpapiere in Deutschland stieg vom ersten März bis Anfang Mai 2022 um mehr als einen Prozentpunkt. Der Bund-Future verlor seit Jahresbeginn in der Spitze mehr als 10 Prozent. 

Daniel Schallmo, W & S Portfoliomanagement

Dies bedeutet für die meisten Anleger am Rentenmarkt, ob große institutionelle Marktteilnehmer wie Versicherungen und Banken oder private Anleger, die in vermeintlich sicheren Rentenfonds investiert sind, weitreichende Verluste. Die hohen Inflationsraten in Verbindung mit den steigenden Zinsen gestalten den Vermögenserhalt schwierig. In den vergangenen 40 Jahren, seit 1982, sind die Zinsen bis zum Jahresbeginn 2022 stetig gesunken. Der Anstieg der Inflationsrate hingegen beschleunigte sich bereits Anfang vergangenen Jahres (siehe Grafik).

Grafik: Zins-, Inflations- und Realzinsentwicklung seit 1982

Quelle: Refinitiv Datastream, Stand: 27. Mai 2022

Die große Differenz zwischen Inflationsrate und aktuellem Zinsniveau zeigt den realen Vermögensverlust. Dieser ist in der Grafik grau dargestellt und beträgt aktuell mehr als 6 Prozent. Das zeigt, wie weit Inflation und langfristige Zinsen voneinander entfernt sind. Für eine positive Rendite nach Inflation bedarf es eines Inflationsrückgangs auf nahezu null oder kontinuierlich steigende Zinsen. Für Zinsanlagen institutioneller Anleger und Privatkunden bedeutet dies weitere Verluste in den kommenden Jahren. Entweder durch stillen Vermögensschwund aufgrund negativer Realverzinsung oder durch Kurs- und Bewertungsverluste bei weiter steigenden Renditen.

Rentenanleger erhöhen das Risiko

Ein genauer Blick auf die Anlagesituation zeigt, dass inländische Investoren insgesamt 410,1 Milliarden Euro in Rentenfonds und 1.028,5 Milliarden Euro in gemischten Wertpapierfonds mit Rentenanteilen angelegt haben. Allein die privaten Haushalte haben im dritten Quartal 2021 2.545,1 Milliarden Euro zur Alterssicherung angelegt. Diese Geldmittel werden von den Versicherungsunternehmen ebenfalls weitestgehend verzinslich investiert (Quelle: Bundesbank).

Heribert Danner, W & S Portfoliomanagement

Jede Finanzanlage birgt Risiken und unterliegt Marktschwankungen, wodurch Verluste für Anleger entstehen. Insbesondere Anlagen in festverzinsliche Papiere, die in den vergangenen Jahrzehnten von stetig fallenden Zinsen profitierten, sind in den letzten Monaten deutlich unter Druck geraten. Darüber hinaus kompensierten viele Investoren die rückläufigen Zinsen durch Investments in Rentenpapiere mit höheren Risiken. Die schlechtere Bonität eines Schuldners wird durch höhere nominale Zinssätze vergütet. Trüben sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ein, erleiden Inhaber risikobehafteter Anleihen zusätzliche Verluste. Selbst Staatsanleihen der besten Bonitäten wie deutsche Bundeswertpapiere verloren bei längeren Laufzeiten im ersten Quartal 2022 bis zu 10 Prozent. 

Rentenanleger verlieren 4 Milliarden Euro

Natürlich handelt es sich bei dem Beispiel um eine Extremsituation und der Markt hat sich teilweise wieder erholt. Rein rechnerisch summiert sich aber, sofern keine Absicherung oder Desinvestition stattgefunden hat, für die Anleger der Rentenfonds der Verlust auf rund 4 Milliarden Euro.

Im Hinblick auf ein über 40 Jahre durch fallende Renditen geprägtes Kapitalmarktumfeld und teilweise negativen Renditen wie -0,83 Prozent für 10-jährige Bundesanleihen am 9. März 2020, wird es immer wieder Schwankungen und neben Gewinnen auch Verluste geben. Denn gerade nach langen Zyklen in nur eine Richtung finden entsprechende Gegenbewegungen statt. 

Hier kommen die Grundsätze von Behavioral Finance zum Tragen. Oft wird zu einem falschen Zeitpunkt – also zu früh oder zu spät – investiert beziehungsweise verkauft. Behavioral Finance beschäftigt sich mit der Psychologie von Anlegern und steht im Gegensatz zu dem Bild des Homo Oeconomicus, der uneingeschränkt rational handelt, über vollständige Marktinformationen verfügt und seinen Nutzen maximieren möchte. Im Rahmen der Behavioral Finance wird davon ausgegangen, dass sich das Verhalten von Anlegern in einer bestimmten Situation wiederholt. Das bedeutet: Sie treffen dieselbe Entscheidung wie in der Vergangenheit.

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Verluste sind vermeidbar

Doch wie und mit welchen Instrumenten können weitere Verluste am Rentenmarkt vermieden werden? Zunächst ist es entscheidend, objektive und quantifizierbare Kriterien einzusetzen, um eine Unabhängigkeit von Personen und Prognosen sicherzustellen. Hierbei helfen die Werkzeuge der technischen Analyse von Kursverläufen und spezifischer Mustererkennung. Insbesondere aus der Verbindung verschiedener Indikatoren wie Volatilität und der Differenz von gleitenden Durchschnitten lassen sich Trendwendepunkte besser erkennen. Absehbare Verlustrisiken lassen sich durch gutes Timing und Kurssicherungsgeschäfte reduzieren und das Anlegervermögen besser schützen.

In den vergangenen sechs Monaten hat das deutsche Zinsbarometer, der Bund Future, von seinem Hoch im Dezember bei über 170 innerhalb weniger Monate trotz kurzer Korrekturbewegung zum Beginn des Ukrainekriegs nahezu 20 Prozentpunkte verloren. Dies bedeutet für einen institutionellen Anleger, der im Dezember 100 Millionen Euro in „sichere“ Bundeswertpapiere mit einer Laufzeit von 10 Jahren investiert hat, Kursverluste von mehr als 10 Millionen Euro bis Ende Mai.

Es zeigt sich, dass eine geeignete Absicherung Verluste reduzieren kann. Man kann sie sich wie einen Airbag vorstellen, der einen möglichen Aufprall abmildert. Das Risiko im Portfolio wird nach objektiven und quantifizierbaren Kriterien zeitweise eliminiert. Diese Vorgehensweise ist unabhängig von Personen, objektiv und wiederholbar. Die Mehrrendite entsteht in Abwärtsphasen an den Kapitalmärkten durch die Vermeidung von Verlusten. Wäre zum Beispiel eine Absicherung in dem genannten Beispiel vorgenommen worden, hätten allein im ersten Quartal 8 Millionen Euro Verlust vermieden werden können.  

Mehrere Faktoren signalisieren größere Kursrückgänge

Grundlage der Systematik ist die Forschung auf dem Gebiet der Behavioral Finance in Verbindung mit traditioneller Charttechnik. Klassische Trendfolgemodelle oder Risikomessmethoden wie ein Value-at-Risk-Ansatz reagieren meist zu spät. Dadurch verkaufen private wie institutionelle Anleger oftmals zum ungünstigsten und tiefsten Kurs.

Um das Risikomanagement zu verbessern, haben wir in einer empirischen Untersuchung von Kursmustern und Indikatoren über einen Zeitraum von 20 Jahren analysiert, wie diese sich vor Eintritt eines Kursrückschlags verhalten. Daraus konnten wir zwei wichtige Erkenntnisse ableiten:

  • Es gibt nicht den einen Indikator oder Signalgeber für einen Crash, sondern verschiedene Faktoren.
  • Standardbetrachtungen wie der beliebte Jahresdurchschnitt der Kurse haben oftmals Eintrittswahrscheinlichkeiten von unter 50 Prozent. Damit ist ein Münzwurf zur Investitionsentscheidung besser. 

Aus diesen Gründen besteht unsere quantitative Indikation zur Risikomessung diverser Aktien- und Rentenindizes aus mehreren Inputfaktoren, welche die jeweilige Gefahr eines größeren Kursrückgangs an den Märkten signalisieren. Unsere Partner erhalten diese Indikationen als Entscheidungshilfe für das globale Portfoliomanagement. Im Ergebnis ergibt sich beispielsweise für den Bund Future eine langfristig bessere Performance – und das bei geringerem Risiko. Das Timing wird damit nicht dem Zufall überlassen, sondern berechenbar!

Mehr Informationen unter www.werteundsicherheit.com

Über die Autoren:

Dr. Daniel Schallmo ist Ökonom, Unternehmensberater und Autor zahlreicher Publikationen. Er ist Professor für Digitale Transformation und Entrepreneurship an der Hochschule Neu-Ulm, dort Leiter des Instituts für Entrepreneurship und Mitglied am Institut für Digitale Transformation.

Heribert Danner ist diplomierter Sparkassenbetriebswirt und absolvierte sein Studium zum MBA an der Wirtschaftsuniversität Wien. Gemeinsam mit Daniel Schallmo ist er Gründer und Gesellschafter der W & S Portfoliomanagement GmbH, die auf digitales Asset Management spezialisiert ist und zwei Aktienfonds initiiert hat, bei denen die Anlageentscheidungen von digitaler Technologie unterstützt werden.

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