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Artemis-Fondsmanager Paul Casson So wirken sich steigende Zinsen auf Aktien aus

Paul Casson, Artemis

Ein Jahr lang war die Volatilität an den Aktienmärkten auf historisch niedrigem Niveau. Anfang Februar hatte es mit dieser Ruhe ein Ende. Binnen eines Tages stieg die Volatilität auf fast 100 Prozent, was die besonders sensitiven Assetklassen sofort (und recht schmerzhaft) zu spüren bekamen. Zuerst traf es die Short-Volatility-Produkte aus der Esoterik-Ecke des Anlageuniversums, zu denen Derivate auf den Vix gehören.

Mit Short-Vola-Positionen ließen sich in den vergangenen Jahren stetige Erträge erzielen, doch ihre Risiken wurden entweder nicht richtig verstanden oder einfach ignoriert. Das Ergebnis war schließlich ein mehr oder weniger vollständiger Verlust der Investments innerhalb von nur zwei Tagen. Außerdem wurden die betreffenden Produkte von den Anbietern geschlossen. Der Gesamtverlust wird auf sage und schreibe 5 Milliarden US-Dollar geschätzt.

Erinnerungen an Taper Tantrum

Der überaus rasche Volatilitätsanstieg Anfang Februar löste eine Verkaufswelle aus, die in der Folgewoche zu weiterem Abwärtsdruck auf die Aktienmärkte führte und bald darauf auch ETFs erfasste. Dieser Zweitrundeneffekt machte sämtliche in den letzten zwölf Monaten erzielten Gewinne europäischer Aktien zunichte. Der Markt brach um über 10 Prozent ein, sodass offiziell von einer Korrektur die Rede war. Erinnerungen an das Taper Tantrum von 2013 und die Staatsschuldenkrise im Euroraum drängten sich auf.

Was bedeuten diese Entwicklungen? Lauert in der Ferne möglicherweise eine ernste Gefahr?

Neue Zeiten brechen an ...

In gewisser Hinsicht hatten es Anleger in den letzten Jahren recht bequem. Der Cocktail aus zunehmendem Wachstum, einer sich in Grenzen haltenden Inflation, niedrigen Zinsen und quantitativer Lockerung wirkte auf sie berauschend. Angesichts steigender Märkte und immer höherer Bewertungen machte sich niemand allzu große Sorgen, wann und wie sich das Blatt wenden könnte. 

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Doch nun ist es passiert. Die Zinsen steigen. Sowohl die Federal Reserve als auch die Bank of England haben die Zinswende eingeleitet. Die EZB wird es ihnen gleichtun müssen. Alle drei Notenbanken werden ihre Anleihekäufe einstellen. Zudem zieht die Inflation an. Dabei verteuern sich zuerst Rohstoffe, danach steigen die Löhne, und schließlich erfasst der Preisauftrieb die Konsumgüter. Schlimm ist dies alles nicht, kehren wir doch wieder zu dem Zustand zurück, der vor einiger Zeit als normal galt.

Zinsen nicht hoch genug

Mittelfristig können wir uns mit der guten Nachricht trösten, dass die Zinsen nicht hoch genug für das gegenwärtige BIP-Wachstum in Europa sind. Auf kurze Sicht sind dies allerdings schlechte Aussichten für Anleger, die Renditen 10-jähriger Bundesanleihen in der Nähe von 1 Prozent (oder von 10-jährigen Treasury-Renditen in der Nähe von 3 Prozent) befürchten müssen. 

Keine großen Zahlen also, und es würde uns überraschen, wenn sie hoch genug wären, um den Konjunkturaufschwung zu bremsen. Dennoch reichen sie aus, jene Märkte ins Trudeln zu bringen, an denen Kapital in Momentum-Strategien geflossen ist, die bekanntlich am besten funktionieren, wenn die Zinsen sinken. Diese Positionen müssen aufgelöst werden.

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