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Bundesverfassungsgericht Bundesrecht bricht Doppelbesteuerungsabkommmen

in Courtagen im VersicherungsvertriebLesedauer: 2 Minuten
Hat ihre abweichende Meinung zu Protokoll gegeben: Verfassungsrichterin Doris König. Foto: © Bundesverfassungsgericht; lorenz.fotodesign, Karlsruhe
Hat ihre abweichende Meinung zu Protokoll gegeben: Verfassungsrichterin Doris König. Foto: © Bundesverfassungsgericht; lorenz.fotodesign, Karlsruhe
Der deutsche Gesetzgeber kann Steuergesetze erlassen, auch wenn sie im Widerspruch zu völkerrechtlichen Verträgen wie Doppelbesteuerungsabkommen steht. Das hat der Bundesgerichtshof entschieden. Völkerrechtliche Verträge haben dem Urteil zufolge den Rang einfacher Bundesgesetze – und die müssen durch spätere Gesetzgeber revidiert werden können, so die Karlsruher Richter. Die Bundesregierung erhält damit die Möglichkeit, weitere Steuerschlupflöcher zu schließen.

Im konkreten Fall ging es um ein – heute nicht mehr gültiges – Doppelbesteuerungsabkommen mit der Türkei aus dem Jahr 1985. Das sah vor, in der Türkei erzielte Einkünfte von der deutschen Bemessungsgrundlage auszunehmen und nur bei der Festsetzung des Steuersatzes für andere Einkünfte zu berücksichtigen. Einen Nachweis der im Ausland gezahlten Steuern sah das Abkommen nicht vor.

Um Missbrauch zu verhindern, beschloss die damalige Bundesregierung jedoch 2003 einen sogenannten „Treaty Override“, bei dem die nationale Gesetzgebung den völkerrechtlichen Vertrag quasi überschreibt. So verpflichtete die Novelle des Einkommenssteuergesetzes Betroffene, die Steuerzahlungen im Ausland durch Belege nachzuweisen.

Ein Techniker, der 2004 zeitweise in der Türkei gearbeitet hatte, tat dies nicht. Das zuständige Finanzamt behandelte daraufhin den gesamten Bruttoarbeitslohn als steuerpflichtig. Der Betroffene klagte, der Fall landete vor dem Bundesfinanzhof. Der hielt die Steuergesetzreform vor dem Hintergrund des Doppelbesteuerungsabkommens mit der Türkei für nicht verfassungskonform und verwies die Frage schließlich zur Klärung an das Bundesverfassungsgericht.

Die Karlsruher Richter sahen das nun mehrheitlich anders. Nach dem Demokratieprinzip müssten spätere Gesetzgeber Entscheidungen ihrer Vorgänger korrigieren können, da anderenfalls  politische Auffassungen auf Dauer festgeschrieben würden. Der Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit habe zwar Verfassungsrang, zwinge aber nicht zu einer uneingeschränkten Befolgung aller völkerrechtlichen Normen.
 
Das Bundesverfassungsgericht hat damit die Frage „Bricht Bundesrecht Völkerrecht?“ in diesem Fall beantwortet. Die Debatte unter Steuerrechtlern dürfte indes weitergehen. Zumal die Verfassungsrichterin Doris König, die ehemalige Präsidentin der Bucerius Law School, ihre abweichende Meinung zu Protokoll gab: Sie sieht in einer solchen Überschreibung eines Abkommens einen klaren Verstoß gegen das Völkerrecht.

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