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EZB-Geldpolitik Kampf gegen die Deflation geht in die elfte Runde

in RegulierungLesedauer: 4 Minuten
Der EZB-Präsident und seine Kollegen haben bei zehn der 47 geldpolitischen Ratssitzungen, seit Draghi das Ruder übernommen hat, umfangreiche Impulse entfesselt, um den Preisauftrieb im Euroraum zu beschleunigen – nur um erst letzte Woche mit ansehen zu müssen, wie die Inflationsrate der Region wieder in den negativen Bereich abrutschte. Bei der Sitzung in dieser Woche sagen von Bloomberg befragte Ökonomen fast einhellig weitere Maßnahmen voraus. Die gute Nachricht für Draghi ist: die meisten Volkswirte sind der Ansicht, dass dies ausreichen wird.

Die Ergebnisse der Umfrage deuten an, was die Währungshüter liefern müssen, um eine Wiederholung der Entwicklungen wie im Dezember zu vermeiden, als eine Feinjustierung der Stimuli die Anleger enttäuscht und einen Ausverkauf am Markt ausgelöst hatte. Nur drei Monate später steht die Notenbank nun angesichts der wieder fallenden Verbraucherpreise und des eingetrübten Ausblicks vor einem entscheidenden Test ihrer Glaubwürdigkeit.

„Draghi wird die Märkte nicht wieder enttäuschen wollen", sagte Holger Sandte, Chefanalyst für Europa bei Nordea Markets in Kopenhagen. „Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass all die konventionellen und unkonventionellen Maßnahmen – eines fernen Tages – reibungslos aufgehoben werden können. Aber der EZB liegt ein möglicher Anstieg des Deflationsrisikos jetzt näher."

Womit Experten rechnen

Fast drei Viertel der Umfrageteilnehmer rechnen damit, dass die EZB den Umfang ihrer monatlichen Anleihekäufe am Donnerstag erhöhen wird, und fast alle sagen eine Senkung des Einlagensatzes tiefer unter Null voraus.

Im Median der Schätzungen all jener, die eine Ausweitung der quantitativen Lockerung (QE) erwarten, wird eine Anhebung des Kaufvolumens auf 75 Milliarden Euro pro Monat von derzeit 60 Milliarden Euro erwartet. Basierend auf der Zusage der EZB, die Anleihekäufe bis mindestens März 2017 vorzunehmen, würde das dem 1,5 Billionen Euro schweren Programm fast 200 Milliarden Euro hinzufügen.

Mehr als ein Drittel der befragten Ökonomen prognostiziert, dass Draghi eine Verlängerung des Kaufprogramms über dieses Datum hinaus ankündigen wird. Die meisten von ihnen sagen, es wird sich mindestens zum Schlussquartal des kommenden Jahres erstrecken.

Der Einlagensatz wird wahrscheinlich um zehn Basispunkte auf minus 0,4 Prozent gesenkt, ergab die Umfrage. Das steht basierend auf Eonia-Swaps im Einklang mit den Anlegerwetten. Zwei Dritteln der Befragten zufolge wird die EZB einen abgestuften Einlagensatz oder ein ähnliches System einführen, um den Druck auf die Gewinne der Banken zu mindern, der die Kreditvergabe gefährdet.

Alles Mögliche tun

Seit er im November 2011 zum EZB-Präsidenten wurde, hat Draghi acht Zinssenkungen angekündigt sowie zwei langfristige Kreditprogramme für Banken und ein Wertpapierkaufprogramm, das sowohl ausgeweitet als auch verlängert wurde. Er hat auch die „Forward Guidance" eingeführt, mit der die EZB die längerfristige Ausrichtung der Geldpolitik kommuniziert. Auch ein Notfall-Anleihekaufplan für angeschlagene Volkswirtschaften wurde geschaffen, der allerdings noch nie umgesetzt wurde.

Nach alledem liegt die Inflationsrate bei minus 0,2 Prozent. Und die Revision der makroökonomischen Prognosen der EZB dürften zeigen, dass die anvisierte Inflationsrate von knapp unter zwei Prozent immer länger auf sich warten lässt. Die Zentralbank wird ihre Projektionen am Donnerstag bekanntgeben. Kurzum, wie EZB-Direktoriumsmitglied Peter Praet anmerkte, die Glaubwürdigkeit der Notenbank steht auf dem Spiel.

„Es ist klar, dass die Auswirkungen der ultra-lockeren Geldpolitik nur in begrenztem Umfang erfolgreich gewesen sind", sagte Alan McQuaid, Chefökonom bei Merrion Capital Group in Dublin. „Wir gehen noch immer davon aus, dass Draghi alles in seiner Macht Stehende unternehmen wird, um das Inflationsziel von zwei Prozent zu erreichen."

Endlich Erfolg?


Den Umfrageteilnehmern zufolge hat der EZB-Präsident die Möglichkeit, bei dieser Sitzung genug zu unternehmen, um erfolgreich zu sein. Mehr als 70 Prozent der befragten Ökonomen meinen, dass nach diesem Monat keine weitere Ausweitung der monatlichen QE-Käufe notwendig sein wird. Sechzig Prozent rechnen mit keiner zusätzlichen Verringerung des Einlagensatzes, obgleich ein Drittel eine weitere Senkung bis Juni vorhersagt und hierfür im Median einen Schritt um zehn Basispunkte nach unten prognostiziert.

Achtzig Prozent sagen, dass die EZB ihr Inflationsziel vor dem Ende von Draghis Amtszeit im Oktober 2019 erreichen wird. In der Umfrage vom Januar hatten 83 Prozent diese Ansicht vertreten.

Sollte die EZB ein abgestuftes System einführen, dürfte es sich an den Erfahrungen aus der Schweiz, Dänemark, Schweden oder Japan orientieren, wo den Banken gewisse Befreiungen gewährt werden. Die EZB hatte bereits erklärt, sie schaue sich die Systeme an, die von anderen Zentralbanken angewandt werden.

Was noch kommen könnte

Änderungen an der Palette der für QE infrage kommenden Wertpapiere erscheinen vorerst weniger wahrscheinlich. Nur 30 Prozent der befragten Volkswirte rechnen mit der Aufnahme von Unternehmensanleihen in das Kaufprogramm der EZB, das sich derzeit auf Anleihen von Staaten und staatsnahen Emittenten, Covered Bonds sowie forderungsbesicherte Wertpapiere (ABS) beschränkt. Nationalen Notenbanken – insbesondere Deutschland – könnten die zulässigen Staatspapiere ausgehen, bevor das Programm endet.

„Unternehmensanleihen und notleidende Kredite sind die naheliegendsten Ergänzungen", sagte Claus Vistesen, Chefökonom für den Euroraum bei Pantheon Macroeconomics. „Ich glaube aber, die EZB wird zum jetzigen Zeitpunkt davor zurückschrecken."

Im Moment liegt für Draghi der Schwerpunkt darauf, die Investoren zu überzeugen, dass er noch immer die Inflation ankurbeln und damit die Erholung im Euroraum untermauern kann, auch wenn sich die globale Wirtschaft abschwächt.

„Die Markterwartungen haben erheblich zugenommen", sagte Christopher Matthies, Ökonom der Sparkasse Südholstein in Neumünster. „Das Erwartungsmanagement muss ausschlaggebend sein, und ist ein Hauptanliegen der EZB nach der Enttäuschung im Dezember."

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