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Georg Graf von Wallwitz: „Frankreich geht es schlechter als Italien“

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Die Schlacht um den Franc

Ein Blick in die Geschichtsbücher ist wenig ermunternd. Frankreich braucht häufig sehr lange, um sich in wirtschaftliche Notwendigkeiten zu fügen. Lehrreich ist die Frankenkrise nach dem ersten Weltkrieg, in deren Verlauf sich Frankreich immer wieder kurz vor die Zahlungsunfähigkeit begeben hat, um dann von den Märkten in ihrer bekannt ruppigen Art auf die realen Möglichkeiten der Haushaltsführung hingewiesen zu werden.

Frankreich war zu der Überzeugung gelangt, seine wirtschaftlichen Probleme für die nächste Generation gelöst zu haben. Der Versailler Vertrag versprach gewaltige Zahlungen aus Deutschland, mit denen sich das Land nicht nur wieder aufbauen, sondern auch verschönern ließe. Der Staat rechnete sich reich und machte die Rechnung ohne den Wirt.

Der Staat konnte sich nicht der patriotischen Pflicht entziehen, ein soziales Netzwerk zu schaffen für die Männer und Frauen, die das Land verteidigt und den Sieg errungen hatten. Darüber hinaus mussten die vom Krieg zerstörten nordöstlichen Départements wieder aufgebaut werden.

Da der Zahlungseingang aus Deutschland sich zäh gestaltete und die Nationalversammlung gespalten war (die Linken verlangten eine Vermögenssteuer, die Rechten eine Beschneidung der Sozialprogramme, nichts Neues unter der Sonne) musste die Banque de France das Defizit finanzieren und kaufte Staatsanleihen.

Das Defizit sollte auch gegenüber Deutschland und den USA (dem Hauptgläubiger Frankreichs) deutlich machen, dass Frankreich auf die Reparationen angewiesen war. Entsprechend wurden auch keine ernsthaften Anstrengungen unternommen, das Problem selbst zu lösen.

Versuch einer cleveren Finanzpolitik

Das Defizit und die Weise seiner Finanzierung führten zu Inflation und einem Verfall des  Wechselkurses des Franc, da mancher Bürger sein Vermögen in Gold, Dollar oder Sterling besser aufgehoben sah.

Ein Gesetz sah zwar vor, dass der Staat spätestens ab 1922 seine Schulden bei der Zentralbank zurückzahlen sollte, aber da aus Deutschland mal wieder wenig kam, versuchte die Politik besonders schlau zu sein. Der Staat lieh sich bei Privatbanken zwei Milliarden Franc, zahlte sie an die Zentralbank und diese stellte den Privatbanken wiederum einen Kredit in gleicher Höhe zur Verfügung.

Dem Gesetz war so genüge getan, aber die Dummheit der Märkte und Menschen wurde überschätzt. Der Staat sah aus wie ein Hütchenspieler am Eiffelturm und der Franc fiel weiter.

Kurze Erholungsphasen gab es für den Franc immer, wenn die Hoffnung auf Reparationen hochkochte. So im Jahr 1921, als die Alliierten beschlossen, Deutschland müsse 31 Milliarden Dollar zahlen (damals war der Dollar noch viel wert). Oder 1923, als der Premierminister Poincaré es satt hatte, sich an der Nase herumführen zu lassen und zusammen mit den tapferen Belgiern das Ruhrgebiet besetzte.

Als sich herausstellte, dass der passive Widerstand mit den zur Verfügung stehenden Mitteln nicht zu brechen war, fiel der Franc nun umso schneller, weil der Staat auch noch für eine sinnlose Militärkampagne aufkommen musste.

Als die Regierung auch noch im Parlament beantragte, die Rückzahlung der Kredite der Banque de France auszusetzen, war jedes Vertrauen verspielt und der Franc im freien Fall. Mit dem Dawes-Plan 1923/24 war endlich geklärt, was die Deutschen zahlen sollten (zirka ein Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung) und die Regierung konnte, mit Hilfe der Mitte-Rechts Parteien eine Erhöhung der Umsatzsteuer um zwanzig Prozent durchsetzen. Damit war das Haushaltsloch weitgehend gestopft, aber kein Friede eingekehrt.

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