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Gerd Kommer und Alexander Weis Faktor-Investing – wie man es optimal betreibt

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Metaphorisch kann man das mit folgender Situation illustrieren: Angenommen, Sie wollen eine besonders spektakuläre Party in Ihrem Garten schmeißen. Alle Gäste müssen zwei Kriterien erfüllen: Erstens muss jeder Gast komplett rot gekleidet sein und zweitens muss jeder eine Flasche Champagner mitbringen. Sie wissen im Voraus, dass vermutlich mehr Interessenten zur Party kommen werden als in Ihrem Garten Platz haben; deshalb engagieren Sie zwei Türsteher, Mario und Luigi. Um die Erfüllung der Eintrittsvoraussetzungen zu gewährleisten, kontrolliert Mario die eintreffenden Gäste darauf, dass sie vollständig rot angezogen sind, während Luigi sicherstellt, dass die Gäste den Champagner dabeihaben.

Dummerweise haben Sie Mario und Luigi separat instruiert, sodass jeder der beiden Türsteher nur das ihm zugeteilte einzelne Eintrittskriterium überprüft – es findet keine Abstimmung zwischen den beiden statt. Weil das so ist, wird es fast zwangsläufig zum einen Party-Gäste geben, die zwar korrekt in Rot gekleidet sind, aber keine Flasche mitbringen und zum anderen Gäste, die zwar Champagner dabei haben, den Dress Code aber nicht erfüllen. Dabei wollten Sie ausdrücklich nur Gäste in Rot und mit Getränk.

Portfolio kann verwässern

So bizarr unsere Partyanalogie auch sein mag: Sie veranschaulicht das Grundproblem beim traditionellen, einfachen Multifactor Investing. Hier werden mehrere Single-Factor-Fonds kombiniert. Die Faktoren (Filterkriterien) werden einzeln auf Fonds-Ebene (Fund Level beziehungsweise Index Level) in das Anlegerportfolio (die Party) gelassen. Man könnte sagen, Dress-Code Rot entspricht dem Small-Cap-Faktor, das Flaschen-Mitbringsel dem Value-Faktor. Auf Ihrer Party sind jedoch trotz Türsteher-Selektion auch unerwünschte Gäste, nämlich nicht Rot gekleidete Personen und solche, die kein Getränk abgeliefert haben.

Beim einfachen Multifactor Investing sind ebenfalls unerwünschte Partygäste anwesend: Die nicht gewünschten negativen Faktorprämien, also das falsche Ende des Faktorspektrums, hier „Large Size“ (Large Caps) und „Growth“. Sie schwächen und verwässern für das Gesamtportfolio den gewünschten positiven Faktor-Effekt (das erwartete Renditeplus). Damit machen sie die Faktorsteuerung des Portfolios insgesamt weniger präzise und weniger effizient. Dennoch ist diese Methode bis heute quasi Marktstandard.

Kommen wir zu unserer Würfel-Analogie zurück (und stellen damit Ihr räumliches Vorstellungsvermögen ein wenig auf die Probe): Kombiniert man drei Single-Factor-Fonds in einem Portfolio, nimmt man sich 19 der 27 Teilwürfel in sein Portfolio. Jeder der jeweils neun Single-Factor-Würfel enthält nämlich teilweise auch das falsche Ende das Faktor-Spektrums der jeweils zwei anderen Faktorprämien, nämlich Large-Cap-, Growth- und Low-Quality-Aktien. Das sind die unerwünschten Gäste auf der Multifactor-Party, da der Selektionsprozess eben nicht alle drei Faktorprämien gleichzeitig berücksichtigt hat.

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