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Handel mit Maklerbeständen: „Bogenhausen ist besser“

Quelle: Fotolia
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Matthias Neubauer will aufhören. Als er im Kollegenkreis nach potenziellen Nachfolgern sucht, passiert es. Angebliche Kaufinteressenten treten an die Großkunden des 63-jährigen Maklers heran und erzählen ihnen von dessen Plänen. Eine professionelle Betreuung könne unter diesen Umständen nicht gewährleistet werden, argumentieren sie, um die verunsicherten Kunden zum Wechsel zu bewegen.

Nach vier Monaten bleibt von Neubauers Bestand, der mit einer  Jahrescourtage von 250.000 Euro mehr als 500.000 Euro wert war, gerade einmal die Hälfte übrig. Kein Einzelfall, meint Stefan Adams, Geschäftsführer der Unternehmensberatung Dr. Adams & Associates, die sich auf Bewertung und Übertragung von Maklerbeständen spezialisiert hat. Viele Berater wissen nicht, wem sie was für wie viel verkaufen können.

Die Gründe, den Bestand oder gleich das gesamte Unternehmen zu verkaufen, sind dabei vielfältig. Zum einen brachte die Umsetzung der EU-Vermittlerrichtlinie 2007 viele zusätzliche Verwaltungsaufgaben mit sich. Die Finanzkrise tat ihr Übriges: Umsatzeinbrüche von 30 bis 50 Prozent waren keine Seltenheit. Bestandskauf erweitert Kundenstamm schnell

Dennoch sind Kundenstamm und Unternehmen von verkaufswilligen Finanzberatern einiges wert, und das wissen auch die potenziellen Käufer. Ihnen geht es meist darum, einen zu kleinen Kundenstamm schnell zu vergrößern. „Ein Maklerunternehmen in Deutschland beschäftigt derzeit durchschnittlich 3,5 Mitarbeiter“, sagt Christian Lüth, geschäftsführender Gesellschafter der Ibras GmbH und Sachverständiger für Bestandsbewertung. Trotzdem seien die meisten Makler breit aufgestellt, da sie sich in Bezug auf Produktpalette und Kundenzielgruppe nicht spezialisiert hätten.

Ein derartiges Dienstleistungsangebot könne heutzutage jedoch nur noch mit einem größeren Maklerunternehmen, das aus mindestens 5 Mitarbeitern besteht und eine Jahrescourtage von mindestens 400.000 Euro generiert, betriebswirtschaftlich unterbreitet werden. „Daher liegt es insbesondere für kleinere Makler nahe, kurzfristig anorganisch durch Bestandzukäufe zu wachsen, zumal der Zeitpunkt aufgrund des wachsenden Angebots derzeit günstig ist“, erklärt Lüth. Schwarze Schafe im Markt

Dabei übernehmen sie entweder nur den Kundenstamm, ein sogenannter Asset Deal, oder die ganze Firma (Share Deal). Klar ist dabei angesichts des großen Käuferinteresses: Ohne professionellen Vermittler wird es schwierig, einen angemessenen Preis für den Kundenstamm oder das Unternehmen zu ermitteln. Auch Käufer sollten sich beraten lassen. Denn auf der Verkäuferseite gibt es schwarze Schafe, die ihren Bestand mehrfach verkaufen oder einen problematischen Bestand kaschieren und abtreten wollen.

Ein weiteres Problem sind Verkäufer, die ihre Kunden nach dem Verkauf zurückgewinnen wollen. Dies kommt laut Adams besonders häufig beim Asset Deal vor, der zudem weitere Probleme bringen kann. Denn kauft man das Gesamtunternehmen, gehen alle Versicherungsverträge automatisch auf den Käufer über.

Übernimmt der Nachfolger hingegen nur den Kundenbestand und liegt kein Maklervertrag mit einer ausdrücklichen Nachfolgeregelung vor, ist die Zustimmung der Versicherten zum Vertrag mit dem neuen „Sachwalter“ erforderlich. Bei Privatkunden-Beständen von mehreren Tausend Personen bedeutet dies einen Riesenaufwand. Die Anzahl der Versicherer, die trotz fehlender Zustimmung der Kunden den Bestand auf den neuen Makler übertragen, nehme kontinuierlich ab, so Adams. In zwei Jahren werde das keine einzige Versicherungsgesellschaft mehr tun. Ohne Kundenzustimmung läuft nichts

Auch der Datenschutz stellt bei Bestandskäufen eine Hürde dar. Denn genauso wie Ärzte, Anwälte und Steuerberater sind Versicherungsvermittler der Geheimhaltung unterworfen. Sie dürfen die ihnen bekannt gewordenen Daten von Versicherten nicht an Dritte weitergeben. Um die notwendigen persönlichen Daten verwenden zu können, muss der Bestandskäufer also ebenfalls die Zustimmung der Kunden einholen.
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