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Hüfners Wochenkommentar Mehr Markt statt mehr Regeln in Europa

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Das klingt plausibel. In der Vergangenheit hat keine Währung überlebt, hinter der nicht auch ein Staat stand, der die stabilitätspolitischen Regeln notfalls mit Zwang durchsetzen konnte. Alle freiwilligen Vereinbarungen wie beispielsweise die lateinische Währungsunion im 19. Jahrhundert sind gescheitert. Das Problem ist jedoch: Die Menschen heute wollen das nicht. Sie wünschen sich nicht mehr Integration in Europa, sondern weniger. Brüssel ist unpopulär. Das ist heute anders als zu Zeiten von Helmut Kohl und Theo Waigel, die noch offen für eine politische Union in Europa warben und dafür Ver­ständnis fanden.

Wenn das also nicht geht – es gibt auch noch ein ande­res Modell. Es ist genau das Umgekehrte von dem der fünf Präsidenten. Es lautet: Nicht mehr Regeln, sondern mehr Freiheit für die Mitglieder. Wer dem Euro angehört, trägt die gesamte Verantwortung für die Stabilitätspolitik selbst – einschließlich aller Konsequenzen, wenn er den Anforderungen nicht genügt. Nicht Brüssel entscheidet darüber, ob ein Land sich stabilitätskonform verhält, sondern der Markt. Wer eine schlechte Politik macht, den bestraft der Markt, indem er entweder höhere Zinsen verlangt oder die Zugehörigkeit des Landes zur Wäh­rungsunion in Frage stellt, oder beides. So ein Zwang vom Markt kann schmerzhafter sein als jeder blaue Brief aus Brüssel. Vor allem gibt es keinen Buhmann, auf den man die Schuld abwälzen kann. Manch einer sagt, dass das permanente Währungskri­sen vorprogrammiere. Denn die Märkte würden immer wieder nach Wackelkandidaten Ausschau halten und gegen sie spekulieren. Das ist möglich. Es wird aber nur dann der Fall sein, wenn die Staaten keine vernünftige Politik machen. Genau das muss aber verhindert wer­den. Das beste Beispiel, dass das geht, ist das Verhält­nis des Österreichischen Schillings zur D-Mark. Es war über mehr als zwei Jahrzehnte stabil und gab nie einen Anlass zu Spekulation (außer einmal für wenige Stun­den). Um so ein Modell zu realisieren, müssen freilich einige Voraussetzungen erfüllt sein. Erstens muss es eine Ausstiegsklausel aus dem Euro geben. Jeder kann die Währungsunion verlassen. Im Zweifel kann er auch ausgeschlossen werden, wenn er sich nicht so verhält, wie das eine Währungsunion erfordert. Sonst wirkt der Druck des Marktes nicht.

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