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Jung, DMS & Cie.-Chef Sebastian Grabmaier „Das Deutschlandrente-Konzept hat drei große Fehler“

Aktualisiert am in FinanzberatungLesedauer: 5 Minuten
Sebastian Grabmaier, Vorstandschef bei Jung, DMS & Cie.
Sebastian Grabmaier, Vorstandschef bei Jung, DMS & Cie.

Hintergrundinfo: Um Altersvorsorge für Bürger attraktiver zu machen und Altersarmut zu verhindern, schlagen Hessens Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir, Sozialminister Stefan Grüttner und Finanzminister Thomas Schäfer das Altersvorsorge-Konzept Deutschlandrente vor. Das Standardprodukt soll zum Selbstkostenpreis von einem zentralen Rentenfonds verwaltet werden. Jeder Arbeitnehmer, der nicht widerspricht, soll automatisch jeden Monat einen Beitrag in das Rentenprodukt einzahlen (Opt-Out-Modell). Der Deutschlandfonds legt das Geld an. Weitere Informationen finden Sie hier 

DAS INVESTMENT.com: Halten Sie die Deutschlandrente in der Form, wie die die drei Minister vorschlagen, für ein realistisches Modell? 

Sebastian Grabmaier: Auf der einen Seite ist es ja erfreulich, dass durch neue Vorschläge frischer Wind in das Thema der betrieblichen Altersvorsorge kommt. Dass dies allerdings durch das völlig in die falsche Richtung zielende Konzept der Deutschlandrente geschieht, ist mehr als bedauerlich. 

Inwiefern? Wo sehen Sie Schwachstellen des Deutschlandrente-Konzepts?

Grabmaier: Das Deutschland-Rente-Konzept hat drei große Fehler, die es zu einem Albtraum machen. Der größte Fehler des Konzeptes ist die Zuweisung der Zuständigkeit an den Staat. Unter dem Motto „Billiger Staat, teure Wirtschaft“ soll für den einzelnen Sparer mehr Rendite erzielt werden, als in der privaten oder der vorhandenen staatlichen Vorsorge. Leider gibt es in der Geschichte kein einziges Beispiel dafür, dass der Staat den Markt langfristig schlagen kann. 

Es scheint schon vergessen zu sein, dass in der Finanzkrise gerade die staatlichen Landesbanken zu den größten Verlierern gezählt haben. Zumal ein solcher Staatsfonds Begehrlichkeiten wecken wird. Die Gefahr des staatlichen Missbrauchs des von breiten Bevölkerungsgruppen eingezahlten Kapitals ist real – wie die fortdauernde Nutzung der Sozialkassen für versicherungsfremde Leistungen deutlich werden lässt. 

Befürworter des Konzeptes halten damit auch nicht hinter dem Berg: Schon in den ersten Reaktionen wird die Staatsfonds-Idee für den Ansatz gelobt, eine „marktferne und gemeinwohlorientierte Anlagemöglichkeit zu finden“. Dass mit einem großen Zentralfonds mit Milliardenbeträgen dann sozialpolitische oder planwirtschaftliche Zwecke verfolgt werden und nicht das vordergründig gewünschte Ziel einer nachhaltigen Altersversorgung für den Bürger, ist für Sparer aber ein absoluter Albtraum! 

Der zweite Schwachpunkt ist, dass mit einem Einheitskonzept alle Sparer, unabhängig von ihrer persönlichen Situation, also insbesondere unabhängig von ihrem Alter und Lebenszyklus, einer einheitlichen Anlagepolitik ausgesetzt wären. Gerade jungen Arbeitnehmern und ihren Arbeitgebern wird damit die Möglichkeit genommen, eine dem jeweiligen Alter angepasste Risikostruktur für ihr Anlagekapital, also insbesondere eine hohe Aktienquote zu wählen. Lebenszyklusmodelle der Anlage sind jedoch ein Wesensmerkmal aller modernen Alterssicherungssysteme. Einheitsmodelle dagegen vergeben Renditechancen.

Der dritte Fehler ist die Auswirkung der schieren Größe eines Staatsfonds auf die Unternehmensfinanzierung und damit –steuerung: Im Laufe einer gar nicht so langen Zeit könnte der Staatsfonds in vielen deutschen Aktiengesellschaften zu den großen Aktionären zählen, mit entsprechendem Einfluss in der Hauptversammlung und im Aufsichtsrat. Das sich dies zum Vorteil der Wettbewerbsfähigkeit der betroffenen Unternehmen und der Freiheit des Marktgeschehens auswirken wird, darf stark bezweifelt werden. 

>> Was Walter Riester, Namensgeber der Riester-Rente, über das Konzept denkt, erfahren Sie hier

Und welchen Nutzen hätte das Modell im Vergleich zu bereits bestehenden Renten-Produkten wie zum Beispiel Riester-Rente? 

Grabmaier: Ich sehe keinen. Etwaige Kostenvorteile durch den Entfall von Vertriebskosten würden schnell durch Verwaltungskosten und Ineffizienzen in der Kapitalanlage aufgefressen. Wegen der evidenten Schwachstellen ist die Einführung der Deutschlandrente unvernünftig. Das sieht der Wirtschaftsflügel der CDU auch so. Ich gehe daher nicht davon aus, dass der Vorschlag in der an Weihnachten vorgeschlagenen Form umgesetzt wird. 

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