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Neuer Bewertungsfaktor für Öl Die überraschende Entwicklung des Ölpreises und ihre Ursachen

Uwe Zimmer, Vorstand der Meridio Vermögensverwaltung in Köln
Uwe Zimmer, Vorstand der Meridio Vermögensverwaltung in Köln
Die Krise im Nahen Osten beunruhigt die Welt. Auch an der Börse wird man sich ihrer langsam bewusst, zumindest haben Dax und Co ihre Rekordjagd unterbrochen. Der Ölpreis zeigt allerdings eine eher überraschende Entwicklung und die hat ihre Gründe.

Der leider längst verstorbene Börsenphilosoph André Kostolany hat einmal gesagt, dass an der Börse alles möglich sei, sogar das Gegenteil. Wie sehr er Recht hatte, wird in diesen Tagen vor allem am Ölpreis deutlich.

So zeigt die Notierung für das „schwarze Gold“ seit Wochen eine Korrektur, die angesichts der Entwicklung im Nahen Osten auf den ersten Blick ungewöhnlich ist. Mit den kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Israel und radikalen Palästinensern sowie dem Vormarsch von Isis-Dschihadisten auf Iraks Hauptstadt Bagdad tun sich gleich zwei Brandherde in einer traditionell instabilen Region auf – und solche politischen Krisen sowie die damit verbundene Unsicherheit ziehen eigentlich in der Regel Folgendes nach sich: Auf der einen Seite korrigieren die Aktienmärkte, auf der anderen Seite steigt wegen der zu befürchtenden Angebotsverknappung der Preis für Öl. Nun haben die Aktienmärkte seit ihrem Hoch von Anfang Juli tatsächlich bereits deutlich abgegeben. Öl allerdings ist seit Ende Juni ebenfalls gefallen.

Das ist bemerkenswert. Es zeigt aber auch, dass das klassische Angebot-Nachfrage-Verhältnis nicht länger allein ausschlaggebend ist für die Entwicklung des Ölpreises. Früher war das ja einfach: Im Winter war es kalt. Die Menschen froren und entsprechend stieg die Nachfrage nach Heizöl. Dessen Preis legte bei gleichbleibendem Angebot zu. Wurde es wieder wärmer, nahm die Nachfrage nach Öl ab. Und entsprechend fiel sein Kurs.

Mittlerweile ist allerdings neben der Nachfrage längst nicht mehr nur die Höhe des Angebots ausschlaggebend, sprich welche Menge an Öl gefördert wird. Entscheidend ist ein dritter Aspekt, der Faktor Verfügbarkeit: Wie schnell komme ich wo an wie viel Öl heran?

So ist die Verfügbarkeit verantwortlich für den an und für sich ungewöhnlichen Kursverlust der vergangenen Wochen beim Öl: Vor Kurzem sind zwei große und wichtige Ölhäfen in Libyen nach einjähriger Besatzung durch Rebellen wieder geöffnet worden; da damit nun eine Menge Öl nicht nur vorhanden, sondern – und das ist entscheidend – jetzt auch verfügbar ist, gab der Ölpreis nach.

Keine Frage, die Situation im Nahen Osten ist extrem angespannt. Doch auch wenn vor dem Hintergrund dieser Lage ein Anstieg des Ölpreises wahrscheinlich erscheint, zeigt das Beispiel aus Libyen, dass es nicht zwangsläufig so kommen muss.

Ziemlich sicher dürfte nur sein, dass die Frage, wie mild oder wie streng der nächste Winter sein wird, bei der Kursbewegung des Ölpreises in den kommenden Wochen und Monaten eine eher untergeordnete Rolle spielen wird.

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