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Aktualisiert am 20.03.2020 - 17:41 Uhrin UnternehmenLesedauer: 7 Minuten

Stimmen zum Markteinbruch „Eine Rezession ist kaum noch zu verhindern“

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„Die erneute Verkaufspanik angesichts weiter steigender Corona-Infektionen und eines kollabierenden Rohölpreises, konnte auch trotz der überraschend positiven Daten zum Wachstum der deutschen Industrieproduktion im Januar – plus 3 Prozent im Vergleich zum Vormonat – nicht aufgehalten werden“, schreibt Carsten Mumm, Chefvolkswirt bei der Privatbank Donner & Reuschel. Die USA rücke nun stärker in den Blickpunkt, denn die dortige Fracking-Industrie benötige höhere Notierungen, um kostendeckend zu produzieren. Bei anhaltend niedrigen Rohölpreisen im ölproduzierenden Sektor sei die Zunahme von die Kreditausfällen oder Unternehmenspleiten zu befürchten, so Mumm.

Zu dem durch das Coronavirus bedingten globalen Angebots- und Nachfrageschock komme somit für Erdöl-produzierende Staaten eine weitere Belastung durch die Uneinigkeit zwischen der OPEC und Russland und den dadurch massiv gefallenen Ölpreisen. „Damit steigen die Erwartungen an die Notenbanken, unterstützend einzugreifen“, sagt Mumm. Nach der Not-Zinssenkung der Fed um 50 Basispunkte stehe in dieser Woche nun die EZB im Fokus, von der viele Marktteilnehmer eine weitere Absenkung des mit derzeit minus 0,5 Prozent pro Jahr ohnehin schon negativen Einlagenzinssatzes für Banken erwarten. Der Chefvolkswirt sieht das kritisch: „In einer Phase mit konjunkturell bedingt zu erwartenden steigenden Kreditausfällen würde dieser die Ertragslage der Banken jedoch weiter belasten und dürfte der Konjunktur kaum helfen“. Es sei zu bezweifeln, dass dies die Kapitalmärkte beruhigen würde.

Laut dem Vermögensverwalter Blackrock sind die „aktuellen Marktverwerfungen im Zusammenhang mit dem Coronavirus“ aber nicht mit der Finanzkrise 2008 vergleichbar. „Die Wirtschaft steht auf soliderem Fundament und, ganz wichtig, das Finanzsystem ist deutlich robuster als im Zuge der Krise 2008“, schreibt das Blackrock Investment Institute in einer Analyse. Anleger sollten „den Kopf nicht hängen lassen, eine langfristige Perspektive einnehmen und investiert bleiben“ – auch wenn die Auswirkungen des Virus wahrscheinlich „umfangreich und scharf“ ausfallen.

Nach Ansicht der Analysten ist ein koordiniertes Vorgehen von Geld- und Fiskalpolitik notwendig, um den Auswirkungen des Coronavirus am Markt zu begegnen. „Die Achillesverse, die es jetzt zu versorgen gilt, sind Liquiditätsengpässe von Unternehmen, insbesondere kleinen und mittelgroßen, sowie Haushalten“, heißt es. Werden vorbeugende und koordinierte geld- und finanzpolitischer Maßnahmen getroffen, könne das Virus die wirtschaftliche Expansion nicht stoppen, glauben die Analysten. Kurzfristig sei eine tiefgreifende wirtschaftliche Verlangsamung aber wahrscheinlich.

Gelassen sieht man bei Blackrock den deutlichen Verfall des Ölpreises: „Diese Entwicklung sollte dem globalen Wachstum letztlich zugutekommen“, heißt es in der Analyse. Risiken gebe es aber in energieintensiven Bereichen wie bei Rohstoff-Exporteuren aus Schwellenländern und in Teilen des US-Hochzinsmarktes.

Viel diskutiert wird die Frage, wie Notenbanken auf die neuesten Entwicklungen reagieren können. Wolfgang Bauer, Fondsmanager im Anleiheteam von M&G-Investments, sieht die EZB vor drei Möglichkeiten. Wirkungsvoll, aber riskant wäre, den Effekt von Mario Draghis legendärer Aussage „Whatever it takes“ zu wiederholen, um eine sofortige Beruhigung der Märkte zu erreichen, schreibt Bauer. In diesem Szenario könnten die Zinssätze um mindestens 25 Basispunkte gesenkt werden, was den Einlagenzins auf minus 0,75 Prozent bringen würde. Das Ankaufvolumen werde auf mehr als 80 Milliarden Euro monatlich erhöht, vielleicht sogar auf 100 Milliarden Euro, so der Fondsmanager.