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Aktualisiert am 10.02.2020 - 17:34 Uhrin FondsLesedauer: 9 Minuten

Trauma, Fink und Aladdin Wie Blackrock die Risiken der Märkte bändigen will

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3. Ganz feine Technik

Ben Golub hatte schon in den 90ern ein eigenes Betriebssystem entwickeln lassen, mit dem man Portfolios managen und Märkte analysieren konnte. Eines Tages fragte wieder ein Kunde, ob er das bei sich im Büro auch haben könne. Er bekam es und nannte das System „Asset Liability and Debt and Derivative Investment Network“ – Aladdin.

Das Institut fürs Risikomanagement schuf Golub im Jahr 2000, indem er Blackrock Solutions (BRS) gründete. BRS wurde zum technischen Zentrum, zur Denkfabrik von Blackrock. „Blackrock Solutions ist mit seinem Fokus auf Analysen und Risiken das Rückgrat von Blackrock“, so Analyst Robert Lee von Keefe, Bruyette and Woods.

Wer Blackrock verstehen wolle, müsse Blackrock Solutions verstehen. Und eine Wortgruppe, die ständig von vielen Seiten im Zusammenhang mit BRS fällt, ist „State of the Art“ – zu Deutsch etwa: das Neueste vom Neuen.

Heute ist Ben Golub Risikochef im Konzern. Die Leitung von BRS übergab er vor fünf Jahren an den mit 40 Jahren deutlich jüngeren Robert Goldstein. Goldstein kam mit 20 Jahren direkt von der Uni zu Blackrock. „Fortune“ beschreibt ihn als „typischen Blackrock-Typen: ein bisschen nerdig, sonderbar und zweifellos ambitioniert“. Jemand, der sichtlich aufgeregt ist, wenn er über große Datenmengen spricht.

Bis 2004 hatte Goldstein noch nicht einmal einen Reisepass. Heute hat er eine Schublade voll Zutrittskarten für diverse Bürohäuser rund um die Welt. Rund 60 zahlende Kunden nutzen Aladdin, die Einnahmen belaufen sich im zweiten Quartal 2014 auf 109 Millionen Dollar. Das sind 4 Prozent von Blackrocks Gesamterträgen. Die Rechenarbeit erledigen inzwischen gut 6.000 Großrechner.

Aladdins wichtigster Vorteil ist seine Komplexität. „Sie können jede einzelne Anwendung auch als andere Software bei einem Händler kaufen“, so Direktor Thomas Fortin gegenüber dem Karrieremagazin „The Gateway“. „Aber das komplette Paket bekommen Sie nur bei uns.“ Von 30 bis 40 Anwendungen spricht Fortin, jede mit derselben Aufmachung und derselben Art zu bedienen. Es ist ein lebendiges System, das Blackrock ständig weiterentwickelt.

Der bisher größte Neukunde für Aladdin ist die Deutsche Asset & Wealth Management. Die Investmenttochter der Deutschen Bank begann im vergangenen Jahr damit, ihre Systeme umzustellen, Ende 2015 soll alles reibungslos laufen. „Aladdin liefert Daten, Berichte, Analysen, Risikoberechnungen und viele andere Leistungen, und alles von höchster Qualität“, sagt Niral Kalaria, der das Projekt leitet.

Kalaria mag die Lebendigkeit des Systems. Nutzer könnten jederzeit Ideen und Anregungen abgeben, die Blackrock aufgreife und meist umsetze. Die Ergebnisse kämen über Upgrades am Ende allen Nutzern zugute: „Hier bleibt man nicht zurück.

Es gibt nur ein Aladdin für alle.“ Dass das System die vielen Nutzer und damit auch die Märkte, wie von manchen Kritikern gefürchtet, gedanklich gleichschalten könnte, diese Gefahr sieht Kalaria nicht. „Aladdin ist nur der Rahmen. Aktien, Anleihen oder Anlageklassen muss man natürlich noch immer selbst auswählen“, erklärt er.

Ein ähnliches Bild zeigt eine Umfrage, die der „Economist“ unter sechs Aladdin-Nutzern durchführte. Alle gaben an, dass das System ihre eigene Risikoanalyse zwar ergänze, aber nicht ersetze. „Unsere Mitarbeiter schauen sicherlich auch auf Blackrocks Analysen, wenn sie Entscheidungen treffen. Das heißt aber nicht, dass sie uns in eine bestimmte Richtung führen“, so ein anonymer Firmenchef gegenüber der Zeitung.

Neuester Coup der Blackrocker: Über eine Zusammenarbeit mit dem Marketmaker Tradeweb entstand auf Aladdin eine Handelsplattform für Anleihen und Derivate. Damit können Nutzer bald Börsen und Banken umschiffen und mit anderen Aladdin-Kunden direkt handeln. Man wolle dadurch die Liquiditätslücke überbrücken, die der verringerte Eigenhandel der Banken reiße, heißt es von Blackrock.

Letzteres sei ein Resultat der gestrafften Eigenkapitalvorschriften.Einen enormen Machtzuwachs verzeichnete Blackrock dank seiner Datenkraft im Jahr 2008, als die Finanzkrise ausbrach. Plötzlich gab es überall hypothekenbesicherte Anleihen, von denen keiner mehr wusste, was sie eigentlich wert waren. Die Kredite im Hintergrund platzten reihenweise, die Kurse der Papiere rauschten in den Keller, der Markt trocknete aus.

Ausgerechnet die Investmentbank Bear Stearns, in deren Handelsetage 1988 das erste Blackrock-Büro gelegen hatte, ging als eine der Ersten pleite. Und offensichtlich hatte nur ein einziges Unternehmen die nötigen Mittel, um in diesem Chaos noch den Überblick zu behalten: Blackrock. Somit bekam Fink im März 2008 einen Anruf von J.P. Morgan, das Bear Stearns eventuell übernehmen wollte, dann aber zurückzog.
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