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Vermögensverwalter Andreas Schyra Eurokrise liefert Vorlage für die Corona-Krise

Mario Draghi bei der Übergabe des EZB-Vorsitzes an seine Nachfolgerin Christina Lagarde: Draghi hatte 2012 in einer Rede zugesichert, den Euro unter allen Umständen stützen zu wollen, und damit die Eurokrise entspannt.
Mario Draghi bei der Übergabe des EZB-Vorsitzes an seine Nachfolgerin Christina Lagarde: Draghi hatte 2012 in einer Rede zugesichert, den Euro unter allen Umständen stützen zu wollen, und damit die Eurokrise entspannt. | Foto: imago images / Italy Photo Press
Andreas Schyra
Foto: PVV

Die durchschnittliche Teuerungsrate der letzten Jahre lag deutlich unter dem Inflationsziel der Europäischen Zentralbank, von etwa 2 Prozent. Sobald die Liquiditätsausstattung des Banksystems beziehungsweise die Kreditversorgung wieder funktionieren und sich die Wirtschaft in Folge erstrebenswerter Lockerungen erholt, werden Basiseffekte für einen Anstieg der Teuerungsraten sorgen. Genau wie in der Vergangenheit, ist jedoch nicht von einer überproportionalen Steigerung des Preisniveaus auszugehen. Vielmehr ist eine erneute Asset Price Inflation zu erwarten, welche bereits seit der Eurokrise zu verzeichnen war: Durch die günstige und nahezu unbegrenzte Liquidität stiegen die Preise von Sachwerten, also insbesondere Unternehmensbeteiligungen und Immobilien vor der Covid-19-Krise auf neue Höchstwerte an.

Risikobewertungen werden intensiviert

Die Notenbankzinsen werden auch zukünftig auf dem niedrigen Niveau verharren. Unabhängig davon beurteilen Kapitalmarktteilnehmer Investitionsrisiken mittlerweile wieder genauer und verlangen Risikoaufschläge, welche deutlich über den Werten der letzten Jahre liegen. Diese Entwicklung ist noch nicht abgeschlossen, sondern wird sich weiter verstetigen. Geld steht zwar nahezu unbegrenzt sowie quasi kostenlos zur Verfügung und zudem sind die Notenbanken mittlerweile die größten Käufer für diverse Anleihearten, doch die ansteigenden Verschuldungsraten von öffentlichen und privaten Schuldnern werden zukünftig noch deutlich kritischer zu beurteilen sein.

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Das in den Jahren ab 2009 zu beobachtende und mittlerweile erneut zu verzeichnende Underpricing von Anleiheemissionen wird sich zukünftig weiter intensivieren. Durch die zusätzliche Nachfrage der Notenbanken wird es noch stärker ausfallen als in der Vergangenheit. Folglich werden auch bonitätsstarke Anleiheemittenten freiwillig einen Aufschlag auf die rechnerisch gerechtfertigte Addition von laufzeitadäquatem, risikolosem Zins zuzüglich gerechtfertigtem Risikoaufschlag (zum Beispiel bemessen anhand der CDS-Spreads des jeweiligen Schuldners) zahlen. Investoren werden demnach für ihren Zeichnungsmut am Primärmarkt belohnt. Die Folge ist ein Free Lunch, also ein risikoloser (Zusatz-) Ertrag, durch positive Zeichnungsrenditen in den ersten Tagen nach Handelsaufnahme der entsprechenden Anleihen am Sekundärmarkt.

Notenbanken beeinflussen Preisniveau

Die zusätzliche Nachfrage der Zentralbanken wird jedoch – analog der letzten Jahre – nur einen indirekt und stark begrenzten Einfluss auf das grundsätzliche Preisniveau bzw. die Inflationserwartungen haben. Es ist davon auszugehen, dass Anleiheemittenten das aufgenommene Fremdkapital in den Wirtschaftskreislauf, unter anderem für Investitionen, Gehaltszahlungen und weitere Güternachfrage, einbringen. Durch diese Entwicklung wird grundsätzlich der Konsum forciert, jedoch ist von einer gewissen Zurückhaltung der Verbraucher auszugehen. Unsicherheit durch Kurzarbeit und eine steigende Arbeitslosigkeit wird eine erhöhte Sparquote bzw. einen anteiligen Konsumverzicht zur Folge haben. Es wird lange dauern, bis der Konsum das untypisch hohe Niveau erreicht, welches vor dem Ausbruch der Covid-19-Krise herrschte und einen Teil der verringerten wirtschaftlichen Leistung kompensiert. Für steigende Inflationsraten ist ein wirtschaftliches Wachstum nötig und bis die Einschnitte der vorherrschenden Krise aufgeholt sind, ist kein nennenswerter Preisniveauanstieg zu erwarten.