Thorsten Polleit über den Währungswettbewerb
„Die Welt leidet unter Fiat-Geld“
Aktualisiert am 04.09.2018 - 16:28 Uhr
Thorsten Polleit ist Chefvolkswirt der Degussa Goldhandel Foto: Degussa Goldhandel
Schon heute ist das Fiat-Geld ein Verlustgeschäft für die, die ihm ihre Ersparnisse anvertrauen, und die Verluste werden ganz sicher zunehmen, wenn der Währungswettbewerb an Fahrt gewinnt.
Letzteres ist eine ganz wichtige Einsicht, weil eine Volkswirtschaft das Fiat-Geld, wenn es erst einmal eine Zeit lang in der Welt ist, nicht so ohne weiteres wieder loswird.
Beharrungskräfte des Fiat-Geldes
Das Fiat-Geld zerstört sich nämlich nicht notwendigerweise selbst. Wer meint, man bräuchte nur warten, bis die Sache sich von selbst erledigt, könnte enttäuscht werden. Den Grund will ich kurz aufzeigen.
In der reinen Theorie ist es so, dass ein Ausweiten der Fiat-Geldmenge durch Kreditvergabe einen künstlichen Boom in Gang setzt, der notwendigerweise in sich zusammenbrechen und in einen Bust führen muss. Das haben die Arbeiten zur monetären Konjunkturtheorie, wie sie insbesondere...
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Letzteres ist eine ganz wichtige Einsicht, weil eine Volkswirtschaft das Fiat-Geld, wenn es erst einmal eine Zeit lang in der Welt ist, nicht so ohne weiteres wieder loswird.
Beharrungskräfte des Fiat-Geldes
Das Fiat-Geld zerstört sich nämlich nicht notwendigerweise selbst. Wer meint, man bräuchte nur warten, bis die Sache sich von selbst erledigt, könnte enttäuscht werden. Den Grund will ich kurz aufzeigen.
In der reinen Theorie ist es so, dass ein Ausweiten der Fiat-Geldmenge durch Kreditvergabe einen künstlichen Boom in Gang setzt, der notwendigerweise in sich zusammenbrechen und in einen Bust führen muss. Das haben die Arbeiten zur monetären Konjunkturtheorie, wie sie insbesondere von Ludwig von Mises und Friedrich August von Hayek vorgelegt wurden, abschließend erklärt.
Dazu ein Zitat von Ludwig von Mises: „Früher oder später muss es zum Zusammenbruch des durch die Kreditausweitung ausgelösten Aufschwungs kommen, und der Anpassungsprozess, den man Niedergang der Konjunktur nennt, wird umso schmerzlicher sein und umso mehr Zeit beanspruchen, je länger die Kreditausweitung fort-gesetzt worden war … .“
Die Aussage, dass der Boom in einen Bust umschlägt, gilt allerdings nur unter „sonst gleichen Bedingungen“,also nur unter der „ceteris paribus”-Klausel.
Wendet man die reine Theorie auf die reale Welt an, muss man Folgendes berücksichtigen: Solange es ein gewisses Maß an (Wirtschafts-)Freiheit gibt, bringen Unternehmen Produkt- und Prozessinnovationen hervor, und das lässt die Volkswirtschaften wachsen, es erhöht ihre Leistungsfähigkeit.
Und solange es produktive Fortschritte gibt, werden auch die negativen Folgen des Fiat-Geldes abgemildert, weil sich vor allem die Schuldentragfähigkeit der Volkswirtschaften verbessert. Auf diese Weise kann ein Boom länger dauern, als man vielleicht zunächst denken könnte.
Es ist sogar denkbar, dass der Boom lange anhält, beziehungsweise dass es nur hier und da kleine Busts gibt, der große Bust ausbleibt, weil es der Volkswirtschaft gelingt, ihre produktive Basis trotz des Fiat-Geldes weiter zu verbessern.
Das schließt natürlich nicht den Extremfall aus, dass das Fiat-Geld die produktive Leistungsfähigkeit der Volkswirtschaft so stark schädigt, dass sie schlussendlich unter ihrer Schuldenlast kollabiert.
Ist die Schuldenlast irgendwann zu groß geworden, werden Regierte und Regierende versuchen, ihr zu entkommen: durch Schuldenschnitte und/oder durch die Entwertung des Geldes, also durch eine Politik der hohen Inflation.
Doch auch dadurch muss das Fiat-Geld nicht untergehen. Es kann selbst Hyperinflation überleben – man blicke nur einmal nach Lateinamerika. Der Untergang der deutschen Papiermark im November 1923 war so gesehen ein Sonderfall: Die Hyperinflation war hier so stark, dass die Mark aufhörte, als Geld zu dienen.
Nein, das Fiat-Geld schafft sich nicht notwendigerweise selbst ab. In diesem Sinne schrieb auch der US-amerikanische Ökonom Murray N. Rothbard 1962:
„[I]f fiat money could not continue indefinitely, I would not have to come here to plead for its abolition.“ Übersetzt: „Wenn das Fiat-Geld nicht unbegrenzt fortgeführt werden könnte, wäre ich hier nicht erschienen, um für seine Abschaffung zu plädieren.“
Doch bevor wir auf die Frage nach der Möglichkeit, sich vom Fiat-Geld abzukehren, zu sprechen kommen, möchte ich auf die europäische Einheitswährung, den Euro, eingehen. Denn der Euro ist eine besonders problematische Fiat-Währung.
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