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Aktualisiert am 09.01.2023 - 12:50 Uhrin AnalysenLesedauer: 10 Minuten

Aktiv gegen passiv Aktiver Fonds versus ETF – wer ist besser bei ESG in Schwellenländern?

Aktiv oder passiv in ESG-Assets aus Schwellenländern investieren.
Aktiv oder passiv in ESG-Assets aus Schwellenländern investieren: Fonds-Finanz-Spezialist Simon Nöth vergleicht Anlageprodukte miteinander. | Foto: Fotomontage von Jessica Hunold mit Canva.

Schwellenländer und Nachhaltigkeit – das war lange ein Widerspruch in sich. Es gab Zeiten, in denen waren die Emerging Markets (EM) untrennbar mit Energie- und Rohstoffinvestments verbunden. Unter dem Akronym Bric – das steht für Brasilien, Russland, Indien und China – bestand der entsprechende MSCI-Index damals aus 60 Prozent Energie- und Grundstoffaktien. Er lieferte zwischen 2003 und Ende 2007 eine jährliche Rendite von 45 Prozent, während der breiter gefasste MSCI EM Index auf 31 Prozent per annum und der MSCI World Index auf nur 11 Prozent per annum Zuwachs kam.

Auf den Hype folgte bald die Ernüchterung. Obwohl Schwellenländerregionen maßgeblich das globale Wirtschaftswachstum trugen, underperformten ihre Aktienmärkte die westlichen Börsen deutlich. Dass die nachhaltige Geldanlage einen immer größeren Stellenwert einnimmt, macht es für Anbieter und Kunden nicht einfacher. Einige der zuletzt renditestärksten Schwellenländertitel stehen unter dem Einfluss undemokratischer, menschenrechtsverletzender Staaten – oder sie stammen wie zu Zeiten des Bric-Trends auch heute wieder aus der Energiebranche. Der Griff zum ESG-Produkt, das dem entgegenwirken soll, liegt daher nahe. Doch genügt hierfür ein ETF oder sollte es für verantwortungsvolle EM-Anlagen lieber der aktive Fonds sein?

Der Passive: iShares EM SRI ETF

ISIN: IE00BYVJRP78
Kategorie: Aktien Schwellenländer
Fondsgesellschaft: Blackrock Asset Management
Index: MSCI EM SRI Select Reduced Fossil Fuel

Quelle Fondsdaten: FWW 2024

Nachhaltige ETFs für Schwellenländeraktien gibt es en masse. So besteht das Universum der nachhaltigen EM-ETFs derzeit aus rund 20 Produkten. Doch sollten Anleger beachten, dass die ETFs sehr unterschiedliche Nachhaltigkeitsgrade besitzen. Der iShares EM SRI ETF ist mit 3,8 Milliarden Euro nicht nur das volumenstärkste Produkt seiner Art, sondern auch eines der strengeren. Bis Ende November 2019 replizierte er den MSCI EM SRI Index. Mittlerweile bildet der 2016 aufgelegte ETF den MSCI EM SRI Select Reduced Fossil Fuel Index nach. Im Unterschied zum Vorgänger legt der neue Index einen größeren Wert darauf, die negativen Folgen von fossilen Energieträgern zu vermeiden. Der hier betrachtete ETF wendet diverse Filter und einen Best-in-Class-Ansatz an, um ein gesellschaftlich verantwortliches Investment (engl.: Socially Responsible Investment, kurz: SRI) anzubieten. Zunächst werden Unternehmen mit Umsätzen in bestimmten Geschäftsbereichen exkludiert. Zum einen werden wertebasierte Ausschlüsse angewandt – unter anderem von kontroversen Waffen, Alkohol und Pornografie. Im Unterschied zum vorherigen MSCI EM SRI Index greift zum anderen noch ein Filter, der speziell Unternehmen ausschließt, die mit der Erschließung und Herstellung fossiler Energieträger Geld verdienen.

Ein Umsatzanteil von bis zu 5 Prozent ist in der Regel aber je nach Bereich zulässig, bevor Unternehmen aus dem Anlageuniversum verbannt werden. Mittels eines Best-in-Class-Ansatzes wird aus den verbliebenen Unternehmen nach ESG-Kriterien das beste Viertel innerhalb jedes Sektors ausgewählt und nach seinem Börsenwert gewichtet. Vom rund 1.400 Werten umfassenden Schwellenländeraktien-Universum verbleiben so noch rund 180 Titel für das ETF-Portfolio. Bei der Branchengewichtung orientiert sich der SRI-Index bewusst am umfangreicheren MSCI EM Index. Finanzwerte (31 Prozent), Kommunikationstitel (15 Prozent) und Aktien mit Bezug zum zyklischen Konsum (14 Prozent) bilden die wichtigsten Sektoren im ETF. Historisch sind Finanzaktien gegenüber dem breiten Schwellenländerindex übergewichtet, da durch die angewandten Ausschlusskriterien vor allem Aktien aus rohstofflastigen Branchen aus dem investierbaren Universum fallen. So sind Energieaktien im ETF mit 1,5 Prozent zum MSCI EM Index um 4,2 Prozentpunkte untergewichtet. Die Länderstruktur des ETFs ist ausgewogen, denn nur 18 Prozent der Aktien sind im mittlerweile kontrovers diskutierten China beheimatet, während chinesische Unternehmen im breiten Schwellenländer Index mit 26 Prozent den höchsten Länderanteil aufweisen.

 

 

Das zweithöchste Gewicht nehmen Unternehmen aus Taiwan (17 Prozent) und Südafrika (13 Prozent) ein. Der Index-Wechsel 2019 erhöhte die Diversifikation im ETF. Die größten zehn Positionen hatten unter dem alten Index einen Anteil von bis zu 40 Prozent. Allein die Top-Position, Taiwan Semiconductor, kam auf einen Portfolioanteil von 17,5 Prozent. Seit der Umstellung summieren sich die größten zehn Positionen auf maximal 35 Prozent des Portfolios und – viel entscheidender noch – einzelne Aktien bleiben auf unter 5 Prozent gedeckelt.

Im Nachhaltigkeitsranking von Morningstar Sustainalytics erhält der ETF das zweitbeste Rating. Bei MSCI ESG erzielt er mit AAA sogar die höchste Bewertung, was nicht verwundert, wurde der Index doch nach der hauseigenen ESG-Methodologie zusammengestellt. Da der ETF die größten Klimasünder ausschließt, kommt er auch auf gute CO2-Werte, zumindest mit Blick auf die Scope-1- und -2-Emissionen, die allerdings den langfristigen Einfluss der angebotenen Produkte und Dienstleistungen der Unternehmen außer Acht lassen. Der Fokus darauf, klimaschädliche Verursacher auszuschließen, spricht bei diesem ETF für eine strengere Interpretation der Nachhaltigkeit. Doch Anleger sollten den Einfluss dieser Vorgehensweise einzuschätzen wissen, denn die verwendeten Daten bieten oft nur einen Blick in die Vergangenheit. Bei passiven ETFs fällt es Vermögensverwaltern naturgemäß schwer, durch Einflussnahme positive Veränderung bei den Portfoliounternehmen zu bewirken.

 

 

So hat sich der ETF entwickelt

Der ETF übertraf mit einer Rendite von 5 Prozent pro Jahr seit Auflage den Schwellenländerindex MSCI Emerging Markets (4 Prozent per annum) und auch die Kategorie (3 Prozent per annum). Den Großteil dieses Renditevorsprungs konnte der ETF seit Ausbruch der Corona-Pandemie erzielen. Im Jahr 2020 sorgten chinesische Aktien wie die Automobilhersteller NIO und BYD sowie der Lieferdienst Meituan für eine Mehrrendite. Im laufenden Jahr 2022 profitierte der ETF besonders vom Untergewicht in Russland und vom Übergewicht in Aktien aus Südafrika. Der ETF ist seit sechs Jahren am Markt. Seitdem wechselten sich Out- und Underperformance-Phasen ab. Auch wenn der Betrachtungszeitraum bisher übersichtlich ist, sollten die angewandten ESG-Filter und die daraus resultierenden Abweichungen zum Index das Risiko langfristig senken. Dies legen verschiedene Studien über die Performance nachhaltiger Anlagen nahe.

Die geopolitischen Ereignisse dieses Jahres verdeutlichen das Risiko von Investments in manchen Schwellenländern mit teilweise fragwürdigen politischen Rahmenbedingungen, zum Beispiel Russland oder China. Eine wiederkehrende Fragestellung für EM-Anleger lautet deshalb: Agieren die Unternehmen in einigen Schwellenländern wirklich im Interesse der Anteilseigener? Durch klar definierte Regeln guter Unternehmensführung lassen sich auch diese Gefahren durch gezielte Filter begrenzen. Zusätzlich zum reduzierten Risiko sollten die niedrigen Kosten (nur 0,25 Prozent per annum) langfristig zu einem vorteilhaften Risiko-Rendite-Profil gegenüber Mitbewerbern beitragen.

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