Gesetzliche Krankenversicherung Krankenkassen droht eine „historische Krise“
Die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) steht vor einer Finanzreform: Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) plant unter anderem, dass der Gesundheitsfonds für das kommende Jahr ein kurzfristiges Darlehen von einer Milliarde Euro aufnehmen soll. Das Geld müssten die Versicherten über ihre Beiträge ab dem Jahr 2026 dann wieder zurückzahlen.
Um das für 2023 prognostizierte GKV-Finanzloch von mindestens 17 Milliarden Euro zu stopfen, sollen außerdem die Zusatzbeiträge der gesetzlichen Krankenkassen um 0,3 Prozentpunkte steigen. Doch möglicherweise müssen die Beiträge schon bald noch stärker steigen, warnt Carola Reimann, Vorsitzende des AOK-Bundesverbands, in einem Interview dem Handelsblatt.
Rekord-Minus der Krankenkassen
„Wir haben eine fragile Situation“, sagte sie der Zeitung. „Der Minister muss verstehen, dass die Kassen leer sind.“ Um das drohende Rekorddefizit der gesetzlichen Krankenkassen von 17 Milliarden Euro kurzfristig auszugleichen, will Lauterbach aber erneut auch auf die kassenindividuellen Rücklagen zurückgreifen.
Hallo, Herr Kaiser!
„Dabei sind über das Gesundheitsversorgungs- und Pflegeverbesserungsgesetz gerade erst acht Milliarden Euro auf diese Weise bei den Krankenkassen abgeschöpft worden“, kritisiert Reimann weiter. Die Reform sei daher lediglich „hektische Flickschusterei, die keine Planungssicherheit über 2023 hinaus bietet“.
Rutsche Deutschland jetzt in eine Rezession, würde dies auch das Kassensystem in eine „historische Krise“ stürzen, warnt sie. „Darauf ist niemand vorbereitet“, zitiert das Handelsblatt Reimann weiter. Diese Umstände würden die Gefahr erhöhen, dass Krankenkassen insolvent würden. „Man möchte sich das bei einer großen Kasse nicht vorstellen.“
Auch in einer aktuellen Stellungnahme des AOK-Bundesverbandes zu dem Referentenentwurf des Gesundheitsministeriums ist die Liste der Kritikpunkte lang. Der negative Trend bei den GKV-Finanzen in den Vorjahren (siehe Infografik oben) und nicht planbar schwankender Ausgaben wie für die Corona-Pandemie könnten demnach „drastische Anpassungen des Zusatzbeitrags zur Folge haben“. Ebenso sei „die Zahlungsunfähigkeit einzelner Kassen nicht ausgeschlossen.“