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Baader-Bank-Chefanalyst Robert Halver Regelmäßiger Kreditverkehr kann viel Freude bringen

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Das direkte Gegenteil ist Italien, das zwar ebenfalls beherzte Defizite macht, die neuen Schulden allerdings „anders“ investiert. Um sich den Wählern anzubiedern, verteilt die römische Regierung milde Gaben in Form von vorzeitigen Pensionierungen und hohen Grundeinkommen. Und klare Wirtschaftsreformen? Mangelware!

Deutsche Haushaltsüberschüsse als finanzpolitischer Fetisch

Deutschland macht mit seinen Schulden nichts, denn es macht ja keine mehr. Gegen eine stabilitätsorientierte Finanzpolitik ist sicher nichts einzuwenden. Doch wenn man sich für die wirtschaftliche Zukunft fit machen muss, macht Kaputtsparen keinen Sinn. Das gilt umso mehr, als Deutschland, das in den letzten Jahrzehnten die Industriewelt fast absolutistisch beherrschte, jetzt in seinen Vorzeigebranchen von der amerikanisch-chinesischen Palastrevolution angegriffen wird.

Warum wurden und werden die Haushaltsüberschüsse nicht für knallharte Standortverbesserungen verwendet? Hohe Steuern, löchrige Straßen und marode Schienenwege, ein Bildungssystem, das durch Stunden- und Heizungsausfall glänzt, die vielfach erbärmlichen Netzqualitäten und eine Digitalisierung, die von der Politik stiefmütterlich behandelt wird, sind keine Anreize, in Deutschland zu investieren. Und Bilder von deutschen Politikern, die irgendwo in der Welt stranden, weder an- noch zurückkommen, weil die Flugbereitschaft nicht bereit ist, illustrieren die zunehmende deutsche Infrastrukturschwäche auf Comedy-reife Weise. 2018 ist die deutsche Wettbewerbsfähigkeit sogar im Vergleich zu Griechenland und Spanien zurückgefallen.

Wenn es Brei vom Notenbank-Himmel regnet, muss man einen Löffel haben und essen

Überhaupt, warum hat sich Deutschland in den guten Zinsjahren nicht massiv verschuldet? Bund und Länder mussten für neue Schulden keine Kreditzinsen zahlen, sondern vereinbarten „Anlagezinsen“. Und als Sahnehäubchen obendrauf hat die EZB die Schulden auch noch aufgekauft. Seit Beginn der „segensreichen“ Zins- und Geldpolitik von Mario Draghi hat Deutschland weit über 300 Milliarden Euro an Zinszahlungen eingespart. Man überlege sich, welche fabelhafte Industriepolitik nur mit der Hälfte möglich gewesen wäre.

Und auch aktuell macht Deutschland immer noch mit neuen Schuldpapieren bis zu 8 Jahren Laufzeit Gewinn. Nimmt man die offizielle Inflationsrate hinzu, werden die Schulden sogar über die gesamte Laufzeitenstruktur real ähnlich aufgefressen wie grüne Wiesen von Heuschrecken.     

Grafik 3: Deutsche Staatsanleiherenditen nach Laufzeit, auch inflationsbereinigt

Bei Schulden geht es immer um den Verwendungszweck

Deutschland muss in seine Vermögenssubstanz investieren. Die real existierende Schulden-Happy Hour muss zum konsequenten Aufbau eines wettbewerbsfähigen deutschen Weltklassestandorts von Flensburg bis Garmisch-Partenkirchen und von Aachen bis Cottbus verwendet werden.

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