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Marktkapitalisierung als Mantra „Indexfonds verwässern die Triebkräfte des Kapitalismus“

Rob Almeida
Rob Almeida: „Das billige Geld der Notenbanken führte zu kurzlebigen Unternehmensgewinnen.“ | Foto: MFS Investment Management

Jedes Wirtschaftssystem hat Schwächen, aber seit seiner Einführung vor mehreren Hundert Jahren ist der Kapitalismus den übrigen Modellen überlegen. Andere Systeme bekamen immer wieder Probleme – aber der Kapitalismus hat gezeigt, dass er eine bessere Nutzung der gesellschaftlichen Ressourcen gewährleistet als die Entscheidungen einiger weniger.

Die Effizienz des Kapitalismus hat aber ihren Preis. Einer davon sind unberechenbare Konjunkturzyklen. Die meisten Wirtschafts- und Marktprognosen vom Jahreswechsel scheinen mir immer schon vor dem Ende des 1. Quartals überholt zu sein, weil dann anderes wichtig ist.

Diesen Preis müssen wir zahlen, wenn der Markt die Ressourcenallokation übernimmt. Aber warum eigentlich? Und vor allem: Was können wir daraus lernen, und warum ist das wichtig?

Eine komplexe und anpassungsfähige Wirtschaft

Rationale Entscheidungen lassen sich durchaus prognostizieren. Wenn aber unerwartete, überraschende Entscheidungen einiger weniger Auswirkungen auf alle haben, erweisen sich Wirtschafts- und Marktprognosen oft als falsch.

Für eine effiziente Ressourcenallokation benötigt der Kapitalismus unverzerrte Preissignale. Nur dann können die Marktkräfte ihr Gleichgewicht finden. Das gilt vor allem für Angebot und Nachfrage an den Märkten für Güter, von Gummi bis zu Autos. Es gilt aber auch für Kreditzinsen, Aktien oder Anleihen. Wir alle, ob Verbraucher, Unternehmer oder Investoren, reagieren ständig auf Preisänderungen und verhalten uns entsprechend.

 

Volkswirte sprechen von einem komplexen und anpassungsfähigen Wirtschaftssystem. Es ist komplex, weil Hunderte Millionen Menschen jeden Tag unzählige Entscheidungen treffen. Und es ist anpassungsfähig, weil Preisänderungen Verhaltensänderungen bewirken. Interessant wird es, weil Menschen emotional und unbewusst handeln und auf das Verhalten anderer reagieren. Das verhindert bisweilen rationale Entscheidungen. Komplexität und Anpassungsfähigkeit des Kapitalismus führen oft zu radikalen und überraschenden Ergebnissen

Warum das jetzt wichtig ist

Auf die internationale Finanzkrise 2008 reagierten Geld- und Fiskalpolitik mit Zinssenkungen und Kapitalspritzen für Finanzinstitute. Mehr als zehn Jahre lang waren die Zinsen unnatürlich niedrig, die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes fiel, und die Deflationsrisiken nahmen zu. Sie wissen, wovon ich schreibe.

Dabei darf man nicht vergessen, dass der Zins der Preis für Zeit und Kapital ist. Für die Kapitalallokation ist er ein wichtiger Parameter. Aber in diesen Jahren war er nicht das Ergebnis von Angebot und Nachfrage. 

Weil sich die Zinsen jahrelang nicht im Gleichgewicht befanden, funktionierte die Preisfindung nicht richtig. Bislang sind die überfälligen Korrekturen von Wirtschaft und Finanzmärkten ausgeblieben. Aber das muss nicht so weitergehen.

Geradezu lehrbuchmäßig hat die Vergesellschaftung der Verluste aus der internationalen Finanzkrise der Indexierung großen Auftrieb gegeben. Früher waren Investoren bereit, aktive Manager dafür zu bezahlen, dass sie Verlustrisiken begrenzen. Aber wenn die Notenbanken das übernehmen, gibt es dazu keinen Grund mehr.

Vielleicht liest sich das wie die Klage eines aktiven Managers, der Marktanteile an passive Fonds verloren hat. Geschenkt. Weil aber heute mehr als die Hälfte der Finanzanlagen passiv gemanagt werden und auch die meisten Neuanlagen in passive Vehikel fließen, werden die Ineffizienzen immer größer.

Wenn keine künstlich niedrigen Zinsen den Marktmechanismus stören, wird das Kapital in die Unternehmen mit den höchsten erwarteten risikoadjustierten Erträgen gelenkt, während schwache Firmen leer ausgehen. Das ist die Wall-Street-Version der natürlichen Auslese – Kapitalismus in der Praxis.

Aber heute ist das anders. Viel Kapital fließt in Titel mit hoher Marktkapitalisierung statt in Titel mit der Aussicht auf hohe risikoadjustierte Erträge. Indexstrategien sind Momentumstrategien. Sie verschärfen die finanziellen und wirtschaftlichen Ineffizienzen aus den 2010er-Jahren und der Nach-Corona-Zeit mit ihren großen Konjunkturprogrammen.

Zugegeben, einige der größten Indexwerte sind sehr erfolgreich. Und doch sind ihre Aktien aufgrund des neuen Finanzsystems und der wachsenden Diskrepanz zwischen Kursen und Fundamentaldaten stark überbewertet. Vor allem aber könnten viele der Unternehmen, die heute besonders viel Kapital anlocken, durch Künstliche Intelligenz schon bald überflüssig werden.

Fazit

Der Kapitalismus hat sich als das effizienteste Allokationsmodell bewährt. Damit die Preissignale stimmen, dürfen die Marktkräfte aber nicht behindert werden. Sind sie verzerrt, entstehen Probleme.

Manchmal treffen Menschen unvernünftige Entscheidungen, und wenn der Konjunkturzyklus in die Jahre kommt, tun sie es immer häufiger. Denn sie hoffen dann auf schnellen Reichtum. Wer das Vermögen anderer verwaltet, darf davor nicht die Augen verschließen.

 

Die hier dargestellten Meinungen sind die des Autors/der Autoren und können sich jederzeit ändern. Sie dienen ausschließlich Informationszwecken und dürfen nicht als Empfehlung, Aufforderung oder als Anlageberatung verstanden werden. Prognosen sind keine Garantien.

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