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Eurokrise: „Eurovision Song Contest“ als Staatsidee funktioniert nicht

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Niemand zwingt Griechen oder Portugiesen, nicht zu tüfteln und keine Firmen zu gründen. Wenn man von ausländischen Produktionsstandorten und einigen Handelsfirmen einmal absieht, hat auch Portugals Wirtschaft nur wenige „Patente oder Produkte“ von Weltformat vorzuweisen. Etwas besser ist es schon in Spanien, Italien oder gar in Frankreich.

Doch diese Länder haben (entsprechend ihrer Mentalität?) über Jahrzehnte hinweg sozialistisch regierende Parteien an die Macht gewählt, die mit rigidem Kündigungsschutz und sinkenden Arbeitszeiten für ein komfortables Leben sorgten.

Der Rest ist heute schon Geschichte: Weil die Südeuropäer nicht weniger verdienen wollten, nur weil sie immer kürzer, immer weniger (und immer weniger hart) arbeiteten, mussten ihre Staaten über höhere Transferleistungen die Einkommenslücke auffüllen – unglücklicherweise auf Pump.

Weniger verdienen, härter arbeiten – oder Exit

Man brauche vor Griechenlands Pleite keine Angst zu haben, weil das Land nur 2% der europäischen Wirtschaftsleistung darstellt? – Mit Portugal kommen aber schon weitere 2% dazu. Und mit Frankreich?

Erinnert sich denn keiner mehr an die 1980er Jahre, als Franzosen und Italiener die geringere Qualität ihrer Autos mit der jährlich ritualisierten Abwertung ihrer Währungen (gegenüber Schilling und D-Mark) zu kompensieren wussten? Mit dem Euro geht das heute nicht mehr.

Folgerichtig müsste man jährlich – in der Höhe des Produktivitätsrückstandes – die Löhne in den ehemaligen Weichwährungsländern absenken, den dortigen Kündigungsschutz lockern und die Arbeitszeiten anheben.

Griechenland und Frankreich haben aber soeben das gegenteilige Programm gewählt – und Spanien wird noch folgen. Die bisherige unausgesprochene Klammer zwischen Nord- und Südeuropa, dernach „Deutschland das alles (wieder) bezahlen wird“, ist den Bundesbürgern nicht mehr zumutbar. Weil es die Haftungsübernahmen für seine maroden Nachbarn in der Existenz bedrohen. Und deshalb wird der Euro bald verschwinden.

„Wandern oder Untergeh`n“

Nach der geordneten Rückkehr ehemaliger Schwachwährungsländer zu ihren alten Währungen – und einer sofortigen Abwertung der selbigen – ist die innereuropäische Wander-Möglichkeit für Bürger auszubauen. Die Grenzen sind sofort zu öffnen.

Es braucht eine gemeinsame EU-Armee, einen gemeinsamen EU-Präsidenten – und ein „echtes“ Parlament. Dazu echte EU-Wahlen (die tatsächlich etwas wählen) und ein mehrsprachiges Schul- und Verwaltungssystem – ähnlich dem der Schweiz.

In Kalifornien ist es heißer als in Griechenland, aber durch die Hunderte Jahre währende Binnenwanderung ließ „DER Amerikaner“ dort im Wüstenstaat großartige Firmen wie Google, Microsoft oder Amazon entstehen, wie man sie in Europa nur im Nordteil vermuten würde.

Nicht die Verteilung hunderter Milliarden Euros an Strukturförderungen und Agrarbudgets wird Europa irgendwann zusammenschweißen – es ist die Schaffung eines „europäischen Mentalitätstyps“ – mit regionalem Einschlag.

Erst wenn es in Griechenland genügend Tüftler aus dem Norden gibt und in Schwaben lebensfrohe Gastgeber, dann wird „DER Europäer“ für gleichförmig planbaren Wohlstand auf DEM europäischen Kontinent sorgen. Und dann erst macht Europas „Dollar“ einen Sinn.

Michael Hörl
ist Wirtschaftspublizist aus Salzburg. Er hat Europas erstes „Globalisierungskritik-kritisches“ Buch geschrieben, „Die Finanzkrise und die Gier der kleinen Leute“.

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