Fall Wirecard Die Zeichen stehen auf Untersuchungsausschuss

Die Lage wird nun auch für Olaf Scholz als möglichen kommenden Kanzlerkandidaten der SPD brenzlig. Der Finanzausschuss des Bundestags hatte den Finanzminister zur Aussage in eine nicht öffentliche Anhörung zur Causa Wirecard zitiert. Vier Stunden habe die Anhörung gedauert, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. Neben Scholz stand am Mittwochabend auch Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier dem Parlamentsausschuss eineinhalb Stunden lang Rede und Antwort.
In beiden Fällen ging es um den insolventen Wirecard-Konzern. Das Unternehmen, spezialisiert auf elektronische Zahlungsabwicklung, hat seine Bilanzen manipuliert, und das in großem Umfang: 1,9 Milliarden Euro, die in den Büchern des Konzerns auftauchen, sollen reine Luftbuchungen gewesen sein. Wirtschaftsprüfer von KPMG deckten die gigantische Lücke auf. Das ganze Ausmaß des mutmaßlichen Betrugs kam im Juni an die Öffentlichkeit. Ex-Konzernchef Markus Braun sitzt mittlerweile in Untersuchungshaft, der ehemalige operative Chef Jan Marsalek entzieht sich der Strafverfolgung und ist einstweilen untergetaucht.
Es sei „eine gute, notwendige Diskussion mit vielen Details“ gewesen, zitiert der Spiegel Finanzminister Scholz nach dessen Auftritt vor dem Finanzausschuss. Man müsse das Thema angehen, solange es im öffentlichen Fokus stehe. „Wenn wir Widerstände überwinden wollen, dann gelingt das nur jetzt in diesem Moment und nicht in sechs, sieben, acht oder neun Monaten.“ Scholz stellte in einem Auftritt vor Journalisten im Nachgang noch einmal die über Monate erfolgten fruchtlosen Prüfungen beim Wirecard-Konzern durch mehrere Prüfgesellschaften an den Pranger.
Bereits im Vorfeld hatte Scholz, dem als Finanzminister auch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) untersteht, laut einem Bericht der Süddeutschen Zeitung als Reaktion auf den Wirecard-Skandal einen 16-Punkte-Plan erarbeitet. Darin fordert er, die Bafin mit umfangreicheren Kompetenzen auszustatten und auf Informationen durch freiwillige Informanten, sogenannte Whistleblowern, aufmerksamer einzugehen. Auch Wirtschaftsprüfer sollen häufiger wechseln. Das Maßnahmenpaket soll laut Plan bis Frühjahr 2021 in entsprechende Gesetze münden. Allerdings ist es offenbar noch nicht mit der Bundesregierung abgestimmt.