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Fondsmanager Guido Barthels im Interview „Glauben Sie mir, auch die EZB hat Grenzen“

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Entsprechend vorsichtig dürften Sie zurzeit unterwegs sein.

Barthels: Die Duration liegt bei 1,2 oder 1,3 Jahren.

Sie sagten mal, die Aktienmärkte seien sportlich bewertet. Das sieht nicht jeder so.

Barthels: Es kommt immer darauf an, wie man es betrachtet. Verglichen mit einer Anleihe mit Minusrendite ist natürlich alles immer noch billig. Aber losgelöst davon sieht es anders aus. Die Gewinnaussichten trüben sich bei vielen Unternehmen ein, und das bei zum Teil recht hohen Kurs-Gewinn-Verhältnissen. Immer nur zu behaupten, die Aktien müssten laufen, weil die Anleihen so überbewertet sind, ist mir zu kurz gesprungen. Hinzu kommt, dass auf dem Markt für Unternehmensanleihen viele Anleger sind, die da gar nicht hingehören und sich auch nicht auskennen. Das sind Renditetouristen. Unternehmensanleihen haben eine ganz andere Dynamik als eine KFW-Anleihe. Wenn dieser Markt unter Druck gerät, wollen die Renditetouristen verkaufen, weil sie ihren Fehler erkennen. Können sie aber nicht. Und das kann nicht einmal die EZB aufhalten.

Sie halten Substanzwerte für einen guten Ausweg. Was ist das für Sie?

Barthels: Auf der Anleiheseite sind es Staatsanleihen und supranationale Institute. Andere Schuldner habe ich zurzeit nicht.

Und die Aktienseite?

(hier kommt Dirk Zabel ins Spiel, der das Interview bislang verfolgt hat. Er ist einer der TBF-Geschäftsführer und mitverantwortlich für die Aktienauswahl)

Dirk Zabel: Wir nutzen zwei Wege. Einerseits gehen wir quantitativ vor. Da geht es um alles, was wir an Zahlenmaterial bekommen können und was wir mit einem hauseigenen Analysesystem bearbeiten. Dabei ermitteln wir vorher festgelegte Kurse, die wir Trigger-Points nennen. Ist zum Beispiel ein bestimmter Punkt erreicht, darf der Fondsmanager nicht mehr kaufen, sondern nur noch halten. Und bei einem zweiten Punkt muss er verkaufen. Wir verfolgen hier einen sehr stringenten und emotionslosen Investmentprozess. Neben diesen Zahlen legen wir auch großen Wert darauf, Unternehmen persönlich kennenzulernen. Wir reisen viel, gehen aber auch hin, wenn welche hier auf Tour sind. Auf diese Art überprüfen wir unsere Einschätzungen und sammeln Ideen, und die besten davon kommen in den TBF-Balanced von Herrn Barthels. Dabei konzentrieren wir uns auf die entwickelten Märkte und klammern zwei Branchen aus.

Lassen Sie mich raten, eine davon sind Banken. Denn die versteht kein Mensch.

Zabel: Richtig. Wir übrigens auch nicht. Und die andere?

Muss ich passen.

Zabel: Biotechnologie und Gesundheit. Wir können zwar Bilanzen lesen, aber wir können die Erfolgsaussichten von Medikamenten und Therapien nicht einschätzen. Dafür interessieren wir uns sehr für den technologischen Wandel, sind aber nicht bereit, ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von 40 oder mehr zu bezahlen. Wir finden E-Sports interessant, aber auch den Trend zu verflüssigtem Erdgas. Er wird die ganze Energieverteilung umkrempeln. Und Minenunternehmen hat zurzeit kaum jemand auf dem Radar, weshalb wir ihn uns sehr genau ansehen.

Sie nutzen fürs Anleihen-Management den sogenannten Top-down-Ansatz, also die Draufsicht auf die Märkte. Was sehen Sie sich an?

Barthels: Das Übliche, was man sich als Volkswirt so ansieht: Inflation, Bruttoinlandsprodukt, Fiskalpolitik, Politik, Kapitalströme – eben alles, was eine Zinskurve beeinflussen kann.

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