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Investieren in Indien, Teil 1 „Indien durchläuft eine Phase schneller Reformen“

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Indien profitiert nicht zuletzt auch von den Diversifikationsstrategien vieler internationaler Handelspartner, die zunehmend von China unabhängiger werden wollen, oder?

Vazirani: In der Tat! Eine regulatorische Änderung, die während der Pandemie unbeachtet blieb, ist die Einführung produktionsbezogener Anreize (Production-Linked Incentives, PLI) in Indien, die nun verschiedene Sektoren wie die Elektronikindustrie, Lebensmittelverarbeitung und Pharmaindustrie abdeckt. Wir beobachten, dass Unternehmen, die ihre Waren normalerweise aus China beziehen, zu einem „China plus one“-Modell übergehen wollen, um ihr Angebot zu diversifizieren, und dass Indien ein attraktives alternatives Beschaffungsland ist.

Wir haben festgestellt, dass auch kleine Unternehmen profitable Nischen finden und auf den globalen Märkten Fuß fassen können. Wir haben dies vor allem bei Chemie- und Pharmaunternehmen beobachtet, wo Indiens vergleichsweise strenge Umweltnormen bedeuten, dass selbst große multinationale Unternehmen gerne in großem Umfang einkaufen.

Welche Renditen konnten Fondsanleger in den vergangenen Jahren in Indien erzielen?

Quelle Fondsdaten: FWW 2024

Vazirani: Der Jupiter India Select SICAV (ISIN: LU0946219846) ist einer der am längsten existierenden Fonds in diesem Bereich und ich selbst kann auf eine 25-jährige Erfahrung mit Investments in Indien zurückblicken. Während der Fonds die Benchmark langfristig – seit seiner Auflegung – übertroffen hat, verzeichnete er in den vergangenen Jahren eine Periode der Underperformance.

Dies war zum Teil darauf zurückzuführen, dass der Fonds stark in Small- und Mid-Cap-Unternehmen engagiert war. Regulatorische Änderungen für inländische Investmentfonds führten dazu, dass diese weniger in kleinere Unternehmen investieren konnten. Erfreulicherweise hat sich die Performance inzwischen erholt: Der Fonds hat im vergangenen Jahr um 29,6 Prozent gegenüber 25,8 Prozent bei der Benchmark zugelegt.

Welche Überraschungselemente sollten Indienanleger im Blick behalten?

Vazirani: Wir sind der Meinung, dass die Geopolitik ein Hauptrisiko für Indien darstellt, da das Land erhebliche Grenzen mit China und Pakistan teilt, die schon lange Gegenstand von Streitigkeiten sind. Noch im Juni 2020 kam es an dieser Grenze zu tödlichen Gefechten mit chinesischen Truppen. Im Zuge dieses Streits verbot Indien die Nutzung von über 200 chinesischen Apps im Land. Zwar hat sich die Lage seither abgekühlt, die Truppen haben sich aus mehreren Orten zurückgezogen, und es fanden diplomatische Treffen statt, doch wir halten eine erneute Eskalation der Situation für ein potenzielles Risiko und beobachten dies sehr genau.

Das andere Risiko, das wir für erwähnenswert halten, ist das des Ölpreises. Indien ist ein Nettoimporteur von Rohöl, und obwohl es Pläne gibt, diese Abhängigkeit zu verringern, importiert Indien in der Zwischenzeit immer noch 84 Prozent seines Ölbedarfs, was etwa 100 Milliarden US-Dollar kostet. Wir sind überzeugt, dass Indien das Potenzial hat, seine Abhängigkeit vom Erdöl in naher Zukunft drastisch zu verringern, aber kurzfristig ist das Land anfällig für jeden signifikanten und anhaltenden Anstieg des Ölpreises.

Morgen erfährst du im zweiten Teil des Interviews mit Avinash Vazirani, warum Indien auch für nachhaltig orientierte Anleger interessant ist und welche Vorzüge aktiv gemanagte Fonds bei Investments auf dem Subkontinent bieten.

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