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Inflation Klartext zur Geldillusion

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Inflationsbereinigung gut und schön – aber das reicht nicht

Erst vergangene Woche wurde eine Research- Studie von Allianz Global Investors (Aktie - die neue "Sicherheit" im Depot?) veröffentlicht, die dies angeblich zeigen sollte. Leider haben die Autoren in ihren Langfristvergleich nur die USA einbezogen. Immerhin haben sie die Performance um die Inflation bereinigt, was sonst nur wenige Analysten schaffen, aber Steuern und Kosten unberücksichtigt gelassen.

Wenn man die Entwicklung in einem anderen Land und unter Einbeziehung aller Belastungsfaktoren, also mit Inflation, Steuern und Kosten betrachtet hätte, würde man allerdings gesehen haben, dass dieser „längere Zeitraum“ extrem lang werden kann, falls er überhaupt jemals endet. Ein Anleger, der beispielsweise Ende Februar 2000 in einen am Dax ausgerichteten Aktienfonds bei einem Stand von 7.645 investiert hätte, würde in einer Welt ohne Kosten, Inflation und Steuern per Ende Februar bei einem Dax-Wert von 9.690 den Gewinn von 27 Prozent erzielt haben.

So zeigen es alle Statistiken und Charts, die wir täglich von verschiedenen Anbietern von Finanzinformation präsentiert bekommen. Der Wertverlust durch Inflation zwischen Anfang 2000 und per Ende Februar beträgt zirka 24 Prozent. Dies hätte immer noch zu einem knapp positiven Ergebnis gereicht.

Diese Performance wird ein Anleger aber schon allein deswegen nicht geschafft haben, weil normale Publikumsfonds (Indexfonds waren damals noch unüblich) aufgrund ihrer Kostenbelastung in der Wertentwicklung typischerweise jährlich zirka 2 Prozent hinter dem Index liegen, wodurch die Zugewinne fast vollständig aufgezehrt wurden.

Anstatt eines ausgewiesenen nominalen Zugewinns von fast 30 Prozent wäre für den Anleger damit effektiv ein Wertverlust von zirka 23 Prozent herausgekommen (je nach Fonds). Hierbei sind Steuern auf Dividenden noch gar nicht berücksichtigt, was den Wertverlust – je nach persönlicher Steuersituation – noch um 5 – 15 Prozent erhöhen dürfte. Der Durchschnittsanleger hätte damit also effektiv einen realen Verlust von mindestens 28 Prozent realisiert, während der Dax deutlich zulegte.



Aufgrund der Steuern hätte man übrigens auch mit einem kostengünstigen Indexfonds im Betrachtungszeitraum ein klar negatives reales Ergebnis erzielt. Nicht nur die Praktiker an den Finanzmärkten unterschlagen gerne die unangenehmen Konsequenzen, die Kosten, Geldentwertung und Steuern haben.

Insbesondere die moderne Finanzwissenschaft mit ihren Optimierungs- und Risikomodellen hat es sich angewöhnt, Inflation lieber zu ignorieren. Denn Inflation und die mit ihr verbundene Unsicherheit lässt viele übliche Modellannahmen über nominale Ertrags-Risiko-Profile fragwürdig erscheinen. Die Wahrscheinlichkeitsverteilungen für Rentenerträge sehen mit oder ohne Geldentwertung völlig anders aus, was aber lieber unterschlagen wird, weil sonst viele lieb gewonnene Lehrmeinungen nicht mehr stimmen.

Was passiert, wenn die Investmentwelt die rosarote Brille abnimmt?

Bei Berücksichtigung der Inflation verlieren Anleihen guter Bonität ihren Status als Wertpapier mit niedrigem Risiko, im Gegenteil werden sie zu potenziellen Verlustbringern. Insbesondere fragwürdig erscheint das für viele Modelle der modernen Finanzwissenschaft so zentrale Konzept des risikofreien Zinses. In einer Welt mit Inflation kann es eigentlich keinen risikofreien Zins geben, da jedes nominal festverzinsliche Wertpapier grundsätzlich einer Unsicherheit über die reale Rendite unterliegt.

Die aus der Finanztheorie abgeleitete Gegensätzlichkeit von Staatsanleihen als risikoloser Anlageklasse und Aktien als risikobehafteter Anlageklasse zeugt daher von erheblicher Geldillusion: In Wirklichkeit handelt es sich um den Gegensatz zwischen einer mit Inflationsrisiko behafteten Anlageklasse und einer mit hohem Ausfallrisiko belasteten Anlageklasse. Abschließend kann man feststellen, dass wir an den Finanzmärkten Geldillusion in einer besonders schweren Form unterliegen.

Wer Belastungsfaktoren ignoriert und die Wertentwicklung von Aktien, Renten oder auch anderen Anlageklassen wie Immobilien immer nur nominal betrachtet, sieht die Investmentwelt durch eine rosarote Brille. Anlegern werden durch die Orientierung an Marktindizes mögliche Anlageergebnisse vorgegaukelt, die real völlig unrealistisch sind.

Zudem werden Risiken grundsätzlich falsch verstanden. Diese Sichtweise mag teilweise in Vertriebsinteressen für Finanzprodukte begründet sein. Dabei muss man den Staat, der seine „risikofreien“ Anleihen verkaufen will, hierbei ausdrücklich in die bunte Schar der am Finanzmarkt aktiven Schönfärber und Illusionisten einbeziehen.

Dennoch reicht dies nicht als allgemeine Begründung für die weitverbreitete Blindheit bezüglich der Auswirkungen schleichender Geldentwertung. Insbesondere rätselhaft sind für mich diejenigen Ökonomen, die zwar in Hinblick auf Größen wie das Bruttosozialprodukt völlig selbstverständlich nur mit inflationsbereinigten Zahlen argumentieren, bei Finanzmarktindizes aber immer nur nominale Werte verwenden. Sie müssten es eigentlich besser wissen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt …

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