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Aktualisiert am 29.01.2020 - 17:51 Uhrin MärkteLesedauer: 7 Minuten

Jan Hatzius: „Gefahr eines erneuten Rückgangs der US-Häuserpreise“

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KnowHow: Die Sparquote in den USA, die lange Zeit extrem niedrig war, stieg im Zuge der Finanzkrise wieder an. Wie wird sie sich in Zukunft entwickeln?

Hatzius: Die derzeitige Sparquote von knapp über 4 Prozent liegt unter der Bandbreite von 6 bis 10 Prozent, die nach unserer Schätzung erforderlich wäre, um das Verhältnis von Haushaltsvermögen zum verfügbaren Einkommen bei „normalen“ Bedingungen für den Wertzuwachs vorhandener Vermögenswerte zu stabilisieren. Außerdem impliziert die derzeitige Höhe der Haushaltsvermögen anscheinend eine Zunahme der Sparquote infolge einfacher, kurzfristiger „Vermögenseffekte“. Deshalb prognostizieren wir einen allmählichen Anstieg der Sparquote auf circa 6 Prozent bis Ende 2011.

KnowHow:
Wie wird sich die Inflationsrate entwickeln?

Hatzius: Wir vertreten die Auffassung, dass ungenutzte Ressourcen die Inflation am besten vorhersagen – sowohl auf Ebene der Gesamtwirtschaft als auch für einzelne Wirtschaftszweige. Dies zeigt sich am besten im Bereich der tatsächlichen und kalkulatorischen Mieten. Es besteht ein ausgeprägt inverses Verhältnis zwischen Leerstandsquoten und der Mietinflation. Da die Leerstandsquoten auf Rekordniveau liegen, gehen wir davon aus, dass die Mietinflation im Vorjahresvergleich weiter deutlich zurückgehen und negativ werden wird.

KnowHow: Stellt der Dollar ein Inflationsrisiko dar?

Hatzius: Nur in sehr begrenztem Maße. Zum einen ist der Dollar gar nicht so schwach – und das war schon vor der jüngsten Aufwertungsphase so. Der Dollar hat in den letzten neun Monaten sicherlich deutlich an Wert verloren. Aber wir sehen dies als die Kehrseite der Medaille der Normalisierung an den weltweiten Finanzmärkten. Nach dem breit angelegten, mit dem Außenhandelsvolumen gewichteten Index der US-Notenbank ist der Dollar gegenwärtig sogar etwas stärker als im Durchschnitt der letzten zwei Jahre. Zudem ist der Wechselkurs wegen des relativ betrachtet kleinen Außenhandelssektors für die Inflation in den USA weniger wichtig, als dies in anderen Ländern der Fall ist. Auch wenn die Fed die Auswirkungen des Dollarkurses auf die finanziellen Rahmenbedingungen sicherlich berücksichtigt, ist der Einfluss von Wechselkursänderungen auf die US-Inflation recht gering. Nach einer häufig verwendeten Faustregel führt ein Rückgang des gewichteten Außenwerts des Dollars um 10 Prozent zu einer Erhöhung des Verbraucherpreisindex um gerade einmal 0,25 Prozent. Deshalb müsste es schon eine sehr starke Dollar-Abwertung geben, damit in Bezug auf die importierte Inflation die Alarmglocken schrillen.

KnowHow: Sind in den USA weitere fiskalpolitische Stimulierungsmaßnahmen zu erwarten?

Hatzius: Ja, davon ist auszugehen. Zusätzlich zu der Anfang November beschlossenen Verlängerung der Steuergutschriften für Hauskäufer hat der Kongress beschlossen, die Bezugszeit für das Arbeitslosengeld um zwei Monate zu verlängern, und Präsident Obama hat das entsprechende Gesetz bereits unterschrieben. Weitere Gesetze zur Entlastung von Arbeitnehmern und Unternehmen werden von Repräsentantenhaus und Senat auf den Weg gebracht. Aber selbst mit diesen als wahrscheinlich geltenden Maßnahmen dürfte die Stimulierung des realen BIP-Wachstums durch die Finanzpolitik im ersten Halbjahr zurückgehen und im zweiten Halbjahr verschwinden, vielleicht sogar in die entgegengesetzte Richtung gehen. Dies liegt daran, dass die Veränderung bei den Ausgaben und Steuern die Wirkung der Finanzpolitik auf das reale BIP-Wachstum bestimmt. Selbst mit den zuletzt geschnürten Konjunkturpaketen mit einem Gesamtvolumen von circa 200 Milliarden Dollar wird die Veränderung nicht annähernd so positiv sein wie durch das vor fast einem Jahr verabschiedete 787-Milliarden-Dollar-Paket.
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